⭕ Am-Ball-Bleiben - Issue #87 - Reading Digest von André Cramer
Hallo zusammen! Willkommen zur neuen Ausgabe meines Newsletters! Hier sind die Highlights meiner Lieblingsthemen der letzten 2 Wochen. Vielleicht ist was für Euch dabei → 📰 📻👂👁️
⊗ über Russland/Ukraine und die Ableitung: Ende der Illusionen ⊗ über die Rolle von KI in der Kernfusion ⊗ über die steigende Zahl von Verletzungen durch Virtual Reality ⊗ ob man NFT-Kunst besitzen sollte ⊗ über das Web3 und Crypto - und wie "dezentral" das System wirklich funktioniert ⊗ über den Zusammenhang von Autokratie und Frauenhass ⊗ über die Verletzlichkeit der US-Demokratie ⊗ warum falsche Informationen und Wissen so hartnäckig im Hirn bleiben ⊗ über eine Studie zu Einstellung und Ansichten zur Corona-Pandemie ⊗ über den Zusammenhang zwischen Covid Gefahr und Rauchen ⊗ über eine Analyse der Kommunikation in der Corona-Pandemie ⊗ und noch viel, viel, viel mehr!
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Die aktuelle Lage
Invasion in die Ukraine: Das Ende der Illusionen — www.zeit.de
Ich gehe in dieser Ausgabe des Newsletters nicht intensiv auf den Krieg in der Ukraine ein. Ich bin zu sehr aufgewühlt und möchte die vielen schrecklichen Eindrücke der letzten Tage erst sacken lassen. Ich glaube, wir müssen gerade alle Aspekte unseres Lebens daraufhin bewerten, was die Entwicklungen der letzten Tage für Auswirkungen auf sie haben werden.
Ein Text jedoch, und darin ein wichtiger Gedanke, hat bei mir sehr verfangen und ich möchte diesen kurzen Abschnitt teilen. Hier geht es um das Ende von Illusionen, welchen wir uns wohl in den letzten paar Jahrzehnten hingegeben haben. Hier geht es um uns, uns als Menschen, und was offensichtlich wohl doch tief in uns verwurzelt ist.
Die Welt befindet sich nunmehr im sechzehnten Jahr einer demokratischen Rezession, die sich in den vergangenen zwölf Monaten weiter verschärft hat. Die sozialen Medien haben narzisstisches Stammesdenken geschürt, statt einen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis zu leisten. Nichts scheint noch sicher – vom Überleben der Demokratie in ihren traditionellen Kernländern bis hin zu unserer Fähigkeit als Gemeinschaft, die Ambitionen der skrupellosesten Diktatoren der Welt zu kontrollieren.
Ganz offenbar sind Chauvinismus und ethnischer Stolz, Demagogie und Kriegslust nicht bestimmten historischen Epochen vorbehalten. Im Gegenteil: Sie sind latente menschliche Eigenschaften, die auf ewig als mögliche Realitäten der Zukunft schlummern, falls unsere Wachsamkeit einmal nachlässt und unsere Institutionen daran scheitern, die niedersten Instinkte der Menschheit in Schach zu halten – wie es gerade im Herzen Europas geschehen ist.
Abteilung "Technologie & Innovation"
Google AI Blog: So there I was, firing a megawatt plasma collider at work... — ai.googleblog.com
Warum ich das wichtig finde?
In der letzten Ausgabe hatte ich bereits das Thema Kernfusion... und jetzt habe ich nochmal was spannendes hierzu gefunden. Es handelt sich um einen Namen, den ich jetzt nicht unbedingt als erstes mit Kernfusion in Verbindung gebracht hätte. Allerdings ergibt das alles dennoch total Sinn, wenn man sich die KI-bezogenen Achievements von DeepMind vor Augen hält.
Es geht es um die Herausforderung, dass in einem Kernfusionsreaktor Plasmatemperaturen von 150.000.000 ºC kontrolliert werden müssen. Nun haben Forscher*innen von Google DeepMind sehr vielversprechende Ansätze im Bereich des maschinellen Lernens vorgestellt. In Simulationen konnten sie nicht nur einen, sondern zwei Plasmabrocken bis an ihre physikalischen Grenzen für die Materialien im sogenannten Tokamak-Reaktor steuern. Eine Veröffentlichung in Nature, in der die daraus resultierenden Ergebnisse beschrieben werden, ist sehr lesenswert.
Dieser Meilenstein ist faszinierend aus folgendem Grund: wenn dieses Plasma-Kontrollproblem gelöst ist, dann wird in gewissem Sinne die Herausforderung der Kernfusion nun zu einem rein materialwissenschaftlichen Problem. Dann geht es darum, ob wir Containment-Einheiten aus Materialien bauen können, die so lange halten, wie die maschinell lernenden Kontrollsysteme das heiße Plasma handhaben können. Und auch hier könnte maschinelles Lernen bei der Entdeckung neuer Materialien helfen.
Abteilung "Technologie & Gesellschaft"
Virtual Reality Users Keep Suffering Horrible Injuries — futurism.com
Warum ich das wichtig finde?
Virtual Realiy wird immer beliebter. Und nun ja... mehr Menschen als je zuvor verletzen sich bei der Verwendung von Virtual-Reality-Headsets. Da habe ich immer nur im theoretischen Sinne drüber nachgedacht. Aber es scheint wirklich ein sehr reales Phänomen zu sein, dass in der echten Realität "Blinde" (wegen des übergezogenen VR-Headsets) sich dann teilweise übel verletzen.
the growing popularity of VR headsets has had the all-too-predictable side effect of people hurting themselves because they can’t see where they’re stepping, punching, or kicking when in gameplay. [...]
[...] noted a cumulative injury some are calling “gorilla arm syndrome,” which Oregon State University Associate Professor Jay Kim told the newspaper is what results when people keep their arms raised — you know, gorilla-style — for long periods of time without taking breaks.
I don’t need to own art. — arambartholl.com
Warum ich das wichtig finde?
Hier schreibt Aram Bartholl, Professur für Kunst mit Schwerpunkt digitale Medien an der HAW Hamburg über (digitale) Kunst. Es geht um NFTs aus der Perspektive der digitalen Kunst. Das ist kurz und knapp - aber sehr lesenswert. Natürlich eine kritische Betrachtung, die viele wichtige Argumente fein sortiert liefert. Lesenswert!
Blockchain, nfts and smart contracts are not the new medium. The driving force in making art with nfts is a very old one: It is money! Andy Warhol: „Making money is art, good business is the best art.“ The promise of ‘getting rich quick!’. Sadly money is the medium here. [...]
Science built a very powerful and open Web/Internet with no commerce in mind. We’ve already lost the openness to the mega platforms. Now the crypto-bros try to add a full blown digital property layer on top of everything. This will not help make the world a better place. [...]
Many articles and videos explained already why the crypto game is a pyramid scheme. For people in the traditional art market this is not a real problem. Because it is the same game there. Attention hype, art clowns, rigged markets, pump and dump and so on. [...] Galleries love nfts but institutions and museums with public funding have a different responsibility. Think hard about what you are showing and why? With nft shows you are normalizing a problematic and wasteful system. Critical works don’t need to be on but about blockchains. [...]
Once this hype will fade and the art crowd moves on to the next new thing, nfts will become another chapter of digital art, and people will wonder how crazy that was.
Stanford EE Computer Systems Colloquium: Talk on Blockchain — blog.dshr.org
Warum ich das wichtig finde?
Ein wichtiger, kritischer Text zum Thema Web3 und Crypto. Hier ist gut herausgearbeitet, wie schlecht es denn doch um das Thema "Dezentralisierung" bestellt ist. Und wie nachdenklich uns das massive Engagement der VC-Szene machen sollte.
Don't get me wrong. I am not a fan of centralization. I started building a decentralized, permissionless system almost a quarter-century ago. It would be wonderful if we could figure out how to build a Web that would resist centralization. But all the technical and financial cleverness that's been poured into cryptocurrencies hasn't succeeded in doing that. Why? It is because It Isn't About The Technology. I'm a big believer in Bill Joy's Law of Startups, "success is inversely proportional to the amount of money you have". For $2.5M we got Nvidia to working silicon that was revolutionary in two different respects. Right now, there is way too much money. If a system is to be decentralized, it has to have a low barrier to entry. If it has a low barrier to entry, competition will ensure it has low margins. Low margin businesses don't attract venture capital. VCs are pouring money into cryptocurrency and "web3" companies. This money is not going to build systems with low barriers to entry and thus low margins. Thus the systems that will result from this flood of money will not be decentralized, no matter what the sales pitch says.
Noch mehr Lesestoff und Inspiration
Video: What’s One of the Most Dangerous Toys for Kids? The Internet. — www.nytimes.com
Das ist ein kurzes, ca. 10 minütiges Video, in dem die New York Times auf sehr plastische Weise dargestellt, wie gedankenlos wir unsere Kinder "ins Internet" lassen. Schlimme Szenarien und Use Cases werden hier in den analogen Alltag übertragen und so wird schnell deutlich, wie unterschiedlich unsere Maßstäbe leider sind. Ich kann nur raten: Kinder ins Internet nur mit sehr enger fachlicher und emotionaler Begleitung durch Eltern.
Abteilung "Gesellschaft, quo vadis?"
Revenge of the Patriarchs: Why Autocrats Fear Women — www.foreignaffairs.com
Warum ich das wichtig finde?
Ein toller Text, der sich dem Zusammenhang von Autokratie und Misogynie widmet. Für Erica Chenoweth und Zoe Marks ist es ist kein Zufall, dass die Gleichberechtigung von Frauen zur gleichen Zeit zurückgedrängt wird, in der der Autoritarismus auf dem Vormarsch ist. Das ergibt für mich absolut Sinn. Mit mehr Bewusstsein hierüber sollten wir noch energischer gegen Hass gegen Frauen und für Gleichberechtigung kämpfen.
Political scientists have long noted that women’s civil rights and democracy go hand in hand, but they have been slower to recognize that the former is a precondition for the latter. Aspiring autocrats and patriarchal authoritarians have good reason to fear women’s political participation: when women participate in mass movements, those movements are both more likely to succeed and more likely to lead to more egalitarian democracy. In other words, fully free, politically active women are a threat to authoritarian and authoritarian-leaning leaders—and so those leaders have a strategic reason to be sexist. [...]
Understanding the relationship between sexism and democratic backsliding is vital for those who wish to fight back against both. Established autocrats and right-wing nationalist leaders in contested democracies are united in their use of hierarchical gender relations to shore up nationalist, top-down, male-dominated rule. Having long fought against social hierarchies that consolidate power in the hands of the few, feminist movements are a powerful weapon against authoritarianism. Those who wish to reverse the global democratic decline cannot afford to ignore them. [...]
[...] women's political activism has clearly expanded and fortified democracy—a fact that autocrats and illiberal democrats intuitively understand and that explains their fear of women’s empowerment. [...]
Misogyny and authoritarianism are not just common comorbidities but mutually reinforcing ills.
Are We Doomed? — www.theatlantic.com
Warum ich das wichtig finde?
Ein richtig guter und wichtiger Text von George Packer, US-amerikanischer Schriftsteller und Journalist, der vor allem für seine journalistischen Arbeiten bekannt ist, deren Schwerpunkt die Außenpolitik der Vereinigten Staaten ist. Vor einigen Jahren habe ich sein Buch "The Unwinding, An inner History of the New America" gelesen und war begeistert von dieser scharfen Analyse der amerikanischen Geschichte. Im Text hier geht es um eine Besonderheit im amerikanischen demokratischen System, welche es wohl ganz besonders verletzlich macht, im Vergleich zur Situation z.B. in Deutschland. Große Teile des Systems beruhen darauf, dass ein Mindestmaß an Anständigkeit und gutem Willen bei den politischen Akteuren vorhanden ist. Aber was, wenn das nicht mehr selbstverständlich ist?
Für mich der Kernsatz:
Citizens of liberal democracies are particularly unequipped to see these eruptions in history coming, because our system of government is founded, as Jefferson wrote, on a belief in “the sufficiency of human reason for the care of human affairs.” It’s hard to accept that the foundation of democracy is quite this fragile.
Siehe dazu auch direkt die Hörempfehlung zur aktuellen Ausgabe des Making Sense Podcast von Sam Harris weiter unten, wo unter anderem George Packer zu Gast in der Gesprächsrunde ist und es um eben dieses Thema geht.
Why False Information Stays Stuck in Our Brains — newsletters.theatlantic.com
Warum ich das wichtig finde?
Das hier fand ich sehr interessant zum Thema, wie wir von Informationen beeinflusst werden. Vor allem, welche (langlebige) Bedeutung die ersten Informationen haben (können), die wir zu einem bestimmten Thema hören. Das erklärt sicherlich auch so manche Probleme in der Kommunikation rund um die Covid-Pandemie.
[...] for many, the information presented when we’re first introduced to a new subject or fact is hard to shake, even if we later find out it is wrong or in need of a revision. [...]
[...] it might also be the result of this sticky-information problem, which is known in psychology circles as the “continued influence effect.” [...]
When information is encoded into memory and then new information that discredits it is learned, the original information is not simply erased or replaced. Instead, misinformation and corrective information coexist and compete for activation. [...]
“When you give humans a piece of information, we are very good at connecting it to things we already know,” she told me. “But if you retract that piece of information and people have already made these connections, you can’t go back and magically take that information out of a person’s head because then that whole understanding of the information they’ve connected it to is different. So people will then rely on their original understanding of things they’ve incorporated.” [...]
It’s not only first-heard information that is sticky. Details or facts that make you feel safe or in control might be naturally sticky. Information that is repeated frequently is more likely to be internalized as true, even if, deep down, you know it isn’t, [...]. And one’s own personal experiences and environment will also shape how persistent a morsel of new knowledge might be. Especially when a subject is polarized or politicized [...], an important determiner of sticky information is social norms.
CeMAS-Studie: Das Protestpotential während der COVID-19-Pandemie — cemas.io
Warum ich das wichtig finde?
Unter dem Label „Spaziergänge“ finden derzeit zahlreiche Aufmärsche statt, die sich angeblich gegen die Coronaschutzmaßnahmen richten. Wer sind die Protestierenden und diejenigen, die sich vorstellen können mitzulaufen? Eine von CeMAS durchgeführte bevölkerungsrepräsentative Umfrage liefert Daten zur Größe der Anhänger*innenschaft, ihre Wahlpräferenz und ihren Verschwörungsglauben. Hier gibt es teilweise erschütternde Einblicke in die Gedankenwelt der Menschen in unserem Land.
COVID Won’t End Up Like the Flu. It Will Be Like Smoking. — www.theatlantic.com
Warum ich das wichtig finde?
Benjamin Mazer spannt hier im Atlantic einen interessanten Gedanken auf, den ich als sehr teilenswert ansehe. Er sieht die größte Gefahr in der Covid-Pandemie nicht in den Eigenschaften des Virus, sondern in den Eigenschaften und Einstellungen der Menschen. Das Unvermögen, Gefahr richtig einzuschätzen in diesem Kontext sei zu vergleichen mit der Situation beim Rauchen. Menschen, welche sich nicht durch Impfungen schützen wollen, hätten ähnliche Gedanken wie Raucher, welche willfährig die Gefahren in Kauf nehmen.
The pandemic’s greatest source of danger has transformed from a pathogen into a behavior. Choosing not to get vaccinated is, right now, a modifiable health risk on par with smoking, which kills more than 400,000 people each year in the United States.
...
Corona-Krise: Ein kommunikatives Desaster — www.zeit.de
Warum ich das wichtig finde?
Eine sehr gute Analyse der Corona-Pandemie aus Sicht der Performance der angewendeten Kommunikations-Strategien und Maßnahmen. Um ehrlich zu sein, eine vernichtende Analyse. Was ich sehr wichtig hierbei finde: das klare Herausstellen, dass "Information" etwas anderes als "Kommunikation" ist. Das scheint sich bei vielen Entscheidungsträger*innen in Politik und Verwaltung wirklich noch nicht rumgesprochen zu haben.
Der Expertenrat der Bundesregierung hat es jüngst in einer wenig beachteten Stellungnahme auf den Punkt gebracht: "Ein Mangel an Übereinstimmung von verfügbaren Informationen, ihrer Bewertungen und den resultierenden Empfehlungen trägt zu Verunsicherung der Bevölkerung bei, bietet Angriffsfläche für Falsch- und Desinformation, untergräbt das Vertrauen in staatliches Handeln und gefährdet den Erfolg von wichtigen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit." [...]
Für die riesige Mehrheit durchschnittlich interessierter Bürgerinnen und Bürger, die ihren Schulabschluss haben oder auch nicht, die ihrem Beruf nachgehen oder auch nicht, mangelt es an optimaler Kommunikation. [...]
"Die Kommunikation ist ein Schlüsselproblem in dieser Pandemie", sagt Annegret Hannawa, Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Lugano. "
Kommunikation ist etwas anderes als Information. Es ist eine fatale Fehlannahme zu glauben, dass die Weitergabe von Fakten bereits sinnvolle und wirksame Kommunikation sei.
" Dazu gehört viel mehr: Etwa wie und von wem Fakten vermittelt werden, in welchem Ton, in welcher Menge, an welchem Ort, zu welchem Zeitpunkt.
Noch mehr Lesestoff und Inspiration
Ebook: Trends for Building a Better Future — nexxworks.com
Hier habe ich einen sehr interessanten Gedanken zum Thema Future of Work, Future of Leadership gefunden, den ich unter dem Oberbegriff "Soziales Kapital, statt sozialer Zwang" einordnen würde:
In a post-pandemic world of work, organisations will need to orchestrate employee experiences that have the highest return on social capital, [...]
What does this mean for leadership? A profound change. Leadership conducive to social capital is all too rarely practiced in organizations. Instead, standard corporate practices destroy social capital through internal competition, siloed management, the pressurization of individuals under an engineering, productivist and short-termist logic, and above all, outdated mental models that shape our representation of leadership. In a world of work disrupted for long by the pandemic (and pending future disruptions), this model is untenable.
Making ‘Dinobabies’ Extinct: IBM’s Push for a Younger Work Force — www.nytimes.com
IBM hat in den letzten Jahren offenbar mit einer ganz bewussten Agenda ältere Arbeitnehmer*innen entlassen, und diese Menschen in internen E-Mails als "Dinobabies" bezeichnet und sie zu einer "aussterbenden Art" deklariert. Weitere Anfeindungen richteten sich gegen ältere Frauen, eine "veraltete mütterliche Belegschaft":
they really don’t understand social or engagement. Not digital natives. A real threat for us.
Wirklich ganz toll.... 😖
Ikea’s Race for the Last of Europe’s Old-Growth Forest — newrepublic.com
Sehr hässliche Details zur Situation der Forstwirtschaft und Wälder in Rumänien:
70% der verbliebenen europäischen Urwälder stehen in Rumänien. IKEA ist der größte private Landbesitzer in diesem Land. 50% der jährlichen Holzausfuhren finden illegal statt. Etliche Ranger und Aktivisten sind bis jetzt ermordet worden.
Was geht denn hier ab?
Was zum Hören
Podcast: Making Sense with Sam Harris - The Future of American Democracy — open.spotify.com
In dieser Episode des Making Sense Podcasts von Sam Harris sind hochkarätige Gäste von der Partie: gemeinsam mit Anne Applebaum, David Frum, Barton Gellman und George Packer spricht Harris über die anhaltende Bedrohung der amerikanischen Demokratie durch republikanische Fehlinformationen und Desinformationen in Bezug auf die Präsidentschaftswahlen 2020 und den Angriff auf das Kapitol am 6. Januar 2021.
Ein langes, sehr, sehr packendes Gespräch mit vielen wichtigen (vor allem aber auch deprimierenden) Details zur Situation der Demokratie in den USA.
Podcast: Die sogenannte Gegenwart - Wie traurig macht uns Social Media? — open.spotify.com
Eine spannende Betrachtung des Phänomens Social Media in der sehr empfehlenswerten Zeit Feuilleton Podcastreihe "Die sogenannte Gegenwart". Hier der Klappentext:
Die Hoffnung auf die emanzipatorische Kraft sozialer Medien ist längst verfolgen. Twitter und Co gelten heute als Wurzel vieler Probleme. Ist das Fakt oder Alarmismus? Man kann sich inzwischen eher das Ende des Internets vorstellen, als ein Internet, das nicht bestimmt ist vom Hauen und Stechen auf den großen sozialen Plattformen. Können wir uns überhaupt noch an das Netz erinnern, wie es gewesen ist, bevor die sozialen Medien die Macht übernommen haben? Die Feuilletonpodcaster Ijoma Mangold und Lars Weisbrod blicken zurück in die Geschichte des Internets und stellen fest: Auch wenn es uns so vorkommt, als gäbe es Social Media schon immer, ist das Phänomen tatsächlich sehr jung. Das Netz ist hochdynamisch, und auch so, wie es sich heute darstellt, ist es nicht in Beton gegossen. In der neuen Folge von "Die sogenannte Gegenwart" sprechen die beiden Hosts über Einsamkeit, Twitter-Sucht und das Zeitalter der sozialen Medien, das uns gerade krachend um die Ohren fliegt. Wie konnte eine Erlösungstechnologie so schnell zu einer Untergangsmaschine erklärt werden?
Dies und Das
Über "Büronormalität":
Über Privilegien:
Beste Einschätzung zu Joe Rogan:
Über Freiheit:
Über die Gründe, warum ein beträchtlicher Teil der Menschen so große Probleme mit der Redlichkeit in der Pandemie hat. Ein langer Twitter Thread, den ich aufgrund der pointierten Beobachtung und Beschreibung gerne in voller Länge hier poste:
Hier geht es weiter: 👉
Ich halte das für eine Illusion. Zumindest längerfristig gedacht und bezogen auf den Großteil jener, die da wirklich laut und sichtbar geworden sind. Aus meiner beruflichen (psychotherapeutischen) Brille betrachtet, kann man nicht annehmen, dass Menschen, die sich so extrem verrennen und von der Realität abkoppeln, Verschwörungstheorien anhängen, mit Nazis auf die Straße gehen, med. Personal bedrohen u.ä., bis zur Pandemie vollkommen ausgeglichene, stabile Menschen waren, die "nur" durch die Pandemie und das Mühsal der Maßnahmen ein bisschen aus der Bahn geworfen wurden und eh zufrieden sind, wenn sie wieder zum Wirt gehen dürfen und durch eine Infektion für 6 Monate der Impfung entgehen.
Über ideologische Hintergründe wurde viel gesprochen, aber ich denke, da gibt es auch psychische Komponenten. Der Wunsch nach einer festen, unumstößlichen Wahrheit, Glaubenssätzen, die helfen etwas Unverständliches einzuorden, Unsicherheit auszuhalten, etwas Komplexes auf einen ganz einfachen Nenner herunterzubrechen. Ich denke, wir reden hier von Menschen, die bereits vor der Pandemie von einer Welt, die immer schneller und informationsüberfluteter wird, überfordert waren. Für die viele Bedrohungen (Klimakrise, Flüchtlingskrise, drohende Kriegsszenarien) kaum einschätzbar und Unsicherheiten, Uneindeutigkeiten schwer aushaltbar sind. Auf viele Fragen unserer Zeit gibt es schlichtweg keine simplen Antworten.
In der Psychosprache ist die sogenannte "Ambiguitätstoleranz" ein wichtiger Anhaltspunkt für die Reife einer Persönlichkeit, eines Ichs. Also wie gut ist jemand in der Lage, Widersprüchliches oder Unabwägbarkeiten auszuhalten? Verschwörungstheorien bieten da eine wunderbare Stabilität. Einfache und in sich schlüssige Erklärungsmodelle, die noch dazu meist eine tolle Projektionsfläche für Wut, Hass und Aggression bieten. Nicht umsonst werden in den meisten gängigen Verschwörungstheorien antisemitische Stereotypen bedient und klar benannte Personen zum Hassobjekt. Gates, Soros, die jüdische Weltverschwörung - wunderbare Objekte, um eigene Unsicherheiten und Aggressionen zu parken (und ein viel greifbarerer Feind als ein unsichtbares Virus).
Doch reicht das bloße Gefühl von Desorientierheit aus, um so viel Aggression und Hass zu erleben, um medizin. Personal zu bedrohen od vor einem Kinderhort zu randalieren? Es ist davon auszugehen, dass bei vielen Menschen reale Kränkungserfahrungen, Neid, Verbitterung vorangingen, die einen weiteren Nährboden darstellen - auch hier ist dieses projektive Element in Verschwörungstheorien ein "entlastender" Abwehrmechanismus. Ich denke also wir reden von sehr selbstunsicheren Menschen. Das Gefühl eigener Wertlosigkeit ist schwer auszuhalten und da bieten Verschwörungstheorien wunderbare Abhilfe - indem man sich selbst als Wissender, Verstehender, die anderen hingegen als dumme Schlafschafe begreift, stabilisiert man gleichzeitig das eigene Selbst. Und als Sahnehäubchen erlebt man sich plötzlich als Teil einer Gruppe Gleichgesinnter. "Dagegen zu sein", Wissender zu sein, einen gemeinsamen Feind zu haben stiftet Identität, gibt Sinn.
Wir sehen unter jenen, die da Woche für Woche demonstrieren, altbekannte Nazis und Eso-Schwurbler, Parteifunktionäre, die die Demos zum Stimmenfang nützen möchten, aber immer wieder wurden die "ganz normalen Menschen" benannt, von denen die Politik eben annimmt, dass sie wieder in ihr "ganz normales Leben" zurückkehren, wenn wir nur laut genug "freedom day" rufen. Ich fürchte, die Pandemie war jetzt eine Art Brandbeschleuniger oder eine starke Lupe, die da etwas sichtbarer machte. Menschen sichtbar machte, die sich schon länger nicht mehr als Teil einer funktionierenden, solidarischen Gesellschaft begreifen können und die in dieser "Maßnahmenkritiker-Gruppe" einen Strohhalm gefunden haben, an den sie sich jetzt klammern. Denen es egal ist, mit wem sie da marschieren (bzw insgeheim sehr rechtes Gedankengut schon vorher hegten). Diese Gruppe wird also nicht plötzlich "verschwinden", nur weil man irrational nachgibt. Die Gründe, weshalb diese Menschen so agieren haben nämlich nur bedingt etwas mit der Pandemie und der Pandemiepolitik zu tun. Dieses irrationale Nachgeben gibt dieser Gruppe indirekt recht, ist ein Mitagieren an der ganz falschen Stelle. All die anderen, denen manche Maßnahmen auch auf die Nerven gehen, sind definitiv weiter bereit, sinnvolle und ausgewählte Maßnahmen weiter mitzutragen bzw erwarten das sogar.
Und wie man die Gruppe der Verschwörungstheoretiker wirklich irgendwo wieder abholen könnte, wäre eine weitere, nicht ganz unwichtige Aufgabe und ich hoffe, dass mein Thread bereits illustriert hat, dass es eben nicht um "epidemiologische Sachfragen", sondern eine Gemengelage unterschiedlichster Affekte geht, die teilweise (!) durchaus durch politische Maßnahmen beeinflusst werden können.
Interessanter, anküpfender, aber auch bedrückender weiterer Lesestoff hierzu. 👇 Die beiden Autorinnen Pia Lamberty und Katharina Nocun, deren Buch "Fake Facts. Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen“ eine absolute Leseempfehlung ist. Leider sollte es zur Standardlektüre in den 2020er Jahren gehören:
Autorinnen über Hass und Bedrohungen: „Das Ziel ist, Zeit zu rauben“ — taz.de Die Autorinnen Katharina Nocun und Pia Lamberty beschäftigen sich mit der verschwörungsgläubigen Szene. Angefeindet werden beide fast täglich.
Seit wir im Mai 2020 unser Buch zu Verschwörungserzählungen veröffentlicht haben, ist die Lage wirklich krass. Der Hass, den wir abbekommen, verläuft meiner Wahrnehmung nach in Wellen – und bislang gab es vier Hauptwellen: Die erste Demonstrationsphase, im Sommer wurden wir viel aus der QAnon-Ecke bedroht, dann kam die Aktion #AllesDichtMachen und aktuell ist es wieder sehr aggressiv. E-Mails mit mehrfachen Todesdrohungen, Sexismus, Antisemitismus und körperlichen Herabsetzungen sind das neue Normal. Und zwar auf allen Plattformen: Bei Facebook, Instagram, Twitter oder Telegram. Überall da, wo Menschen sind, ist auch der Hass.
Warum ist es jetzt gerade so schlimm?
KN: Immer wenn diese Gruppen das Gefühl haben, gesellschaftlichen Rückenwind zu haben, wird es schlimm. Wenn sich die Gesellschaft also nicht von Verschwörungserzählungen distanziert, sondern ihnen Raum gibt.
PL: Und die Leute haben keine Hemmungen, teilweise bekomme ich Drohnachrichten inklusive Absender, mit Adresse und Handynummer.
Der ganze Rest
Alles, was ich noch interessiert gelesen habe, aber hier nicht im Detail besprechen kann:
Zwischen Erschöpfung, Ignoranz und Fatalismus Wütende Grüße vom Krankenbett (Der Spiegel)
Russlandpolitik: Inoffizielle Treffen zwischen Altkanzler Schröder und Manuela Schwesig (Katapult Magazin)
Kolumnen-Kritik Hufeisen und Scherben (Der Spiegel)
So erkennst du, ob Olaf Scholz einer Frage ausweicht (Krautreporter)
It’s Your Friends Who Break Your Heart (The Atlantic)
The Day After Russia Attacks (Foreign Affairs)
Justin Trudeau’s crackdown on protests could make things worse (The Economist)
On Mars, a Year of Surprise and Discovery (New York Times)
Helmholtz-Initiative skizziert Weg zur Klimaneutralität Deutschlands (Riffreporter)
Who Is Behind QAnon? Linguistic Detectives Find Fingerprints (New York Times)
Why the West’s Diplomacy With Russia Keeps Failing (The Atlantic)
Your Work Is Not Your God: Welcome to the Age of the Burnout Epidemic (The Conversation)
Habt einen schönen Sonntag und einen guten Start in die neue Woche!