⭕ Am-Ball-Bleiben - Issue #95 - Reading Digest von André Cramer
Hallo zusammen! Willkommen zur neuen Ausgabe meines Newsletters! Hier sind die Highlights meiner Lieblingsthemen der letzten paar Wochen (ja, es ist im Moment schwierig, meinen gewohnten 14-Tages-Takt einzuhalten...). Vielleicht ist was für Euch dabei → 📰 📻👂👁️
⊗ ganz viel zu den neuen bildgenerierenden KI-Systemen ⊗ über neue Podcasts mit Steve Jobs ⊗ wie Amazon in jedem Zimmer spioniert ⊗ über Elon Musks Tweets mit seinen Buddies ⊗ wie Meta Ethik-Teams abschafft und keine Ahnung hat was mit privaten Daten passiert ⊗ was an TikTik am meisten beunruhigen sollte ⊗ über den blinken Fleck von Tech-Futurismus ⊗ über Stimmen von realen Personen, die unsterblich werden ⊗ über die Angst vor Schönwetterdemokrat*innen ⊗ über Begriffsframing für den Kapitalismus ⊗ über das UK als armes europäisches Land ⊗ über Gas und Lobbies ⊗ über den Wert von TED Talks ⊗ über Longtermism und was eigentlich das Problem damit ist ⊗ und noch viel, viel, viel mehr!
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Abteilung "Technologie & Innovation"
»Stable Diffusion«: Verstörend gute KI-Kunst – und jeder kann mitmischen — www.spiegel.de
Warum ich das wichtig finde?
Dieses Thema hier wollte ich schon lange behandeln. Denn wir erleben gerade einen besonderen Moment in der Entwicklung digitaler Technologien. Ich hatte schon öfter über KI-Algorithmen und -Systeme berichtet, die textbasierte Instruktionen über die gewünschte Zusammensetzung und das Aussehen von Bildern in ebendiese Bilder umsetzen. Nach erstaunlichen Fortschritten mit ihrer textgenerierenden KI "GPT-3" hatte das Unternehmen Open AI zunehmend mehr Einblicke in die bildgenerierende KI Dall-E und Dall-E 2 gewährt. Vor einigen Monaten kam das Thema deutlicher im digitalen Alltag an, als das kostenlose und frei zugängliche Tool Dall-E Mini (mittlerweile Craiyon) für alle die es wollten ein eigenes Ausprobieren ermöglichte. Ergebnis waren aberwitzige, interessante, manchmal verstörende Bildkreationen, die vor allem die sozialen Netzwerke Twitter und Instagram fluteten, z.B. der Twitter Account Weird Dall-E Mini Creations.
Open AI hat mit Verweis auf die Gefahren von solchen Tools, die Nutzung, insbesondere im Bereich hochwertiger Bildoutputs sehr zurückhaltend gehandhabt. Nun sind jedoch weitere, vergleichbare KI-Tools verfügbar, teilweise völlig frei nutzbar. So haben Tüftler im Netz vor allem ein Lieblingstool: Stable Diffusion, welches zum Beispiel die Bilder von Angela Merkel als Batmans Erzfeindin Joker (siehe Cover Pic dieses Beitrags) oder faszinierende Landschaftsaufnahmen generiert. Und es passiert genau das, was immer passiert, wenn man innovative Technologien auf die ersten Menschen loslässt (und das sind meistens Menschen, die eher neugierig und kreativ sind): in diesem Bereich der KI scheint gerade Science-Fiction zur Wirklichkeit zu werden. Nutzer*innen reizen alles aus und die Geschwindigkeit, mit der sich die Tools weiterentwickeln und verbessern, ist unwirklich.
Ich bin der Meinung, hier beginnt etwas großes. Eine Medienrevolution. Was wir hier vor uns haben wird völlig umkrempeln, welchen Bildern wir in unserem Alltag begegnen und wie wir mit Bildern kommunizieren. Sie ist ein Katalysator für unsere Fantasie. Wahrscheinlich werden uns künftige Generationen uns belächeln, wenn sie hören, wie ein Leben vor dieser Technologie war.
Im referenzierten Spiegel-Artikel gibt es sehr viele Beispiele, und viele Links zu Tools, die man teilweise in Freemium Modellen oder ganz kostenlos ausprobieren kann. Ich empfehle dringend, dies mal zu tun.
Also alles gut? Nein... keine Technologie ohne ethische Fragestellungen. Unabhängig von ethischen Fragestellunge, was für Bilder hier erzeugt werden können, geht es auch darum, wie diese Algorithmen überhaupt so viel lernen konnten. Und wovon, von wem?
Während viele Internetnutzer Stable Diffusion als netten Zeitvertreib sehen oder als Möglichkeit, langweiligen Symbolfotos originelle Motive entgegenzustellen, haben andere kein gutes Bauchgefühl dabei, die Software zu benutzen. So schreibt der Techblogger Andy Baio auf Twitter , es mache ihm zwar Spaß, mit KI-Text-zu-Bild-Generatoren zu spielen. Zugleich aber würden die Programme »so viele ethische Fragen aufwerfen, dass es schwerfällt, den Überblick zu behalten«. [...]
Tools wie Stable Diffusion und Dall-E 2 lieferten überraschende, lustige und schöne Ergebnisse, betont Baio in einem längeren Blogpost , »aber nur wegen des riesigen Schatzes an menschlicher Kreativität, mit dem sie trainiert wurden.« Wie andere KI-Systeme sei Stable Diffusion mit Millionen von Bildern und Bildbeschreibungen aus dem Internet trainiert worden, schreibt er, »aber wenn eines dieser Systeme die Erlaubnis der Künstler zur Verwendung ihrer Bilder erfordern würde, gäbe es sie wahrscheinlich nicht.«
Hier gibt's noch weitere kluge und wichtige Gedanken zum Thema. Da sind ganz tolle Leseempfehlungen dabei. Zum Beispiel vom wunderbaren Ben Thompson von Stratechery. Er schreibt über die möglichen Umwälzungen im Kreativprozess, die möglich werden:
The AI Unbundling — stratechery.com AI is starting to unbundle the final part of the idea propagation value chain: idea creation and substantiation. The impacts will be far-reaching.
What remains is one final bundle: the creation and substantiation of an idea. To use myself as an example, I have plenty of ideas, and thanks to the Internet, the ability to distribute them around the globe; however, I still need to write them down, just as an artist needs to create an image, or a musician needs to write a song. What is becoming increasingly clear, though, is that this too is a bottleneck that is on the verge of being removed. [...]
To put in terms of this Article, I had the idea, but AI substantiated it for me — the last bottleneck in the idea propagation value chain is being removed. [...]
The analogy to publishing also point to what will be the long-term trend for any profession affected by these models: relatively undifferentiated creators who depended on the structural bundling of idea creation and substantiation will be reduced to competing with zero marginal cost creators for attention generated and directed from Aggregators; highly differentiated creators, though, who can sustainably deliver both creation and substantiation on their own will be even more valuable. [...]
AI-generated images will, per the image above, soon be a flood, just as publishing on the Internet quickly overwhelmed the old newspaper business model.
Auch interessant: wie reagiert die Kunst-Szene, wie reagieren Online-Kunst-Communities? Sie verbannen erstmal:
Online Art Communities Begin Banning AI-Generated Images — waxy.org Online art communities have started banning AI-generated art, while others are facing public pressure from their own members to take a stand.
Hier ist ein gutes Interview bei The Verge mit David Holz, CEO von Midjourney, dem Lab, das an einem der angesagten KI-Bildgeneratoren arbeitet. Holz scheint sich sehr auf die menschliche Kreativität zu konzentrieren, indem er KI als Motor für die Vorstellungskraft, als Werkzeug für Prototypen und als Feedbackschleife nutzt. Das Faszinierende an Midjourney ist, dass man nur über einen Discord-Server inmitten der Community darauf zugreifen kann (obwohl sich das mit den neuen geplanten Subscription Modellen ändert). Er wirft hier phantastisch anmutende Zukunftsvisionen an die Wand. Wenn die so kommen, dann wird es sehr spannend:
An interview with David Holz, CEO of AI image-generator Midjourney: it’s ‘an engine for the imagination’ — www.theverge.com AI-powered image generators like OpenAI’s DALL-E and Google’s Imagen are just beginning to move into the mainstream. David Holz is the CEO of Midjourney, creators of a popular AI image generator of the same name. In this interview, he explains how the technology works and how it’s going to change the world.
Within the next year or two, you’ll be able to make content in real time: 30 frames a second, high resolution. It’ll be expensive, but it’ll be possible. Then, in 10 years, you’ll be able to buy an Xbox with a giant AI processor, and all the games are dreams. […]
Well, there isn’t really a machine collective. Every time you ask the AI to make a picture, it doesn’t really remember or know anything else it’s ever made. It has no will, it has no goals, it has no intention, no storytelling ability. All the ego and will and stories — that’s us. It’s just like an engine. An engine has nowhere to go, but people have places to go. It’s kind of like a hive mind of people, super-powered with technology. […]
[O]ur most recent update made everything look much, much better, and you might think we did that by throwing in a lot of paintings [into the training data]. But we didn’t; we just used the user data based off what people liked making [with the model]. There was no human art put into it. […]
Every image is generated on a $20,000 server, and we have to rent those servers by the minute. I think there’s never been a service for consumers where they’re using thousands of trillions of operations in the course of 15 minutes without thinking about it. Probably by a factor of 10, I’d say it’s more compute than anything your average consumer has touched. It’s actually kind of crazy. […]
It tends to use a lot of blues and oranges. It has some favorite colors and some favorite faces. If you give it a really vague instruction, it has to go to its favorites. So, we don’t know why it happens, but there’s a particular woman’s face it likes to draw — we don’t know where it comes from, from one of our 12 training datasets — but people just call it “Miss Journey.”
Hier noch eine super abgefahrene Kompressions-Idee rund um bildgenerierende KI: Warum ein Bild auf 500 KB komprimieren, wenn man es auf 50 Bytes komprimieren kann, wobei diese 50 Bytes die Eingabeaufforderung sind, die verwendet werden kann, um genau das gleiche Bild erneut zu erzeugen. Nämlich durch einen exakt spezifizierten Prompt, der die bildgenerierende KI füttert.
Compressing images with Stable Diffusion — www.stavros.io
Images are just too big. A 3 MB bitmap compresses down to a 500 KB JPEG, which, don’t get me wrong, 16% of the original size is great, but why 500 KB?
Und wer sich zu diesem Thema noch ein bisschen gruseln möchte, dem sei dieser Twitter Thread nahegelegt. Es gibt nämlich das Phänomen dass die KI-Bildgeneratoren bei entsprechender Fütterung mit Begriffen (und manchmal auch einfach so, ganz rätselhaft) sehr sonderbare Bilder ausspucken. Hier gibt es eine spannende Geschichte zu einer im Bildentstehungsprozess auftauchenden Person, die "Loab" genannt wurde (das ist ganz passend zu Halloween): 😱
Noch mehr Lesestoff und Inspiration:
For China’s Auto Market, Electric Isn’t the Future. It’s the Present. — www.nytimes.com
Beeindruckende Zahlen: In diesem Jahr werden im China mehr Elektroautos verkauft werden als im Rest der Welt zusammen, da der heimische Markt schneller wächst als die globale Konkurrenz.
The amazing power of "machine eyes" — erictopol.substack.com
KI-Bildverarbeitungssysteme sind in der Lage, anhand von Netzhautscans das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko sowie den frühen Ausbruch von Alzheimer vorherzusagen. Solche Muster waren für menschliche Forscher/innen unsichtbar. Wie Eric Topol schreibt, "erstreckt sich die Macht der maschinellen Augen auf praktisch alle Arten von medizinischen Bildern", z. B. in der Onkologie und Gastroenterologie.
Ever wondered how a QR code works? No, me neither but it's low-key fascinating. — twitter.com
Wer sich mal richtig "rein-nerden" möchte, was eigentlich für ein Konzept und System hinter QR-Codes steckt, ist hier genau richtig. Wow!
podcast.ai: Joe Rogan interviews Steve Jobs — podcast.ai
Die Macher von podcast.ai haben einen 20-minütigen Podcast mit künstlich generierten Versionen von Steve Jobs und Joe Rogan veröffentlicht. Das gesamte Interview wurde mithilfe von KI erstellt. Der Klon von Jobs spricht über östliche Mystik, Buddhismus, LSD, Google, Microsoft Windows 3 und mehr.
In the ultimate Amazon smart home, each device collects your data — www.washingtonpost.com
Messy, messy, messy... uns scary. Ein visueller Leitfaden der Washington Post darüber, was Amazon über uns in unseren Haushalten durch Alexa, Echo-Lautsprecher, Fire TVs, Ring-Türklingeln, Roombas und mehr so alles erfährt.
Abteilung "Technologie & Gesellschaft"
Elon Musk’s Texts Shatter the Myth of the Tech Genius — www.theatlantic.com
Warum ich das wichtig finde?
Als Teil des Offenlegungsprozesses im Zusammenhang mit der Musk Twitter-Übernahmeklage hat das zuständige Gericht in Delaware Hunderte von Textnachrichten und E-Mails von und an Musk veröffentlicht. Das 151-seitige Dokument ist eine bemerkenswerte, voyeuristische Aufzeichnung einiger Monate im Leben des reichsten (und am stärksten exponierten) Mannes der Welt und ein seltener, ungeschminkter Einblick in die sich überschneidenden Welten von Silicon Valley, Medien und Politik. Und es zeigt sich vor allem eins: wie unscheinbar, phantasielos und arschkriecherisch diese "mächtigen Männer" in Musks Kontakten zu sein scheinen.
Und zu dieser Gruppe an Menschen gehört eine ganze Reihe von fragwürdigen "Persönlichkeiten":
And what is immediately apparent upon reading the messages is that many of the same people the media couldn’t stop talking about this year were also the ones inserting themselves into Musk’s texts. There’s Joe Rogan; William MacAskill, the effective altruist, getting in touch on behalf of the crypto billionaire and Democratic donor Sam Bankman-Fried; Mathias Döpfner, the CEO of Axel Springer (and the subject of a recent, unflattering profile); Marc Andreessen, the venture capitalist, NIMBY, and prolific blocker on Twitter; Larry Ellison, the founder of Oracle, who was recently revealed to have joined a November 2020 call about contesting Donald Trump’s election loss; and, of course, Jack Dorsey, Twitter’s co-founder and former CEO. [...]
Few of the men in Musk’s phone consider themselves his equal. Many of the messages come off as fawning, although they’re possibly more opportunistic than earnest. Whatever the case, the intentions are unmistakable: Musk is perceived to have power, and these pillars of the tech industry want to be close to it.
Facebook Parent Meta Platforms Cuts Responsible Innovation Team — www.wsj.com
Warum ich das wichtig finde?
Das sind Nachrichten, die mich betrüben, aber auch wirklich nicht überraschen. Denn ich halte das Unternehmen Meta für unverantwortlich und jegliche ethische oder moralische Zuckung stets dem Profit unterordnend. Meta löst sein Team für "Responsible Innovation" auf. Diese Abteilung war eine Art gutes Gewissen, wo Ressourcen gebündelt wurden, die vor möglichen Risiken und gefährlichen Fehlentwicklungen im Bereich von Metas Produkten und Diensten warnen sollte, welche durch Neuentwicklungen und Änderungen hätten induziert werden können. Die rund zwei Dutzend Angestellten sollen nun größtenteils in anderen Abteilungen weiterarbeiten. Ein Sprecher sagt, "man fühle sich den Zielen des Teams weiter verpflichtet. Die Ressourcen seien in produktspezifischen Abteilungen jedoch besser investiert." Yeah, right. Ein Teil wird Meta aber wohl verlassen. Alles andere würde mich überraschen. Wer dort gearbeitet hat, hatte eine Mission - und muss sich durch diesen Move völlig verschaukelt vorkommen.
Meta Platforms Inc. has disbanded its Responsible Innovation team, which was once a prominent piece of its effort to address concerns about the potential downsides of its products. The team had included roughly two dozen engineers, ethicists and others who collaborated with internal product teams and outside privacy specialists, academics and users to identify and address potential concerns about new products and alterations to Facebook and Instagram.
Facebook Engineers: We Have No Idea Where We Keep All Your Personal Data — theintercept.com
Warum ich das wichtig finde?
Hier gibt es sehr interessante Einblicke in das Innenleben von Facebook/Meta, welche durch eine Gerichtsanhörung öffentlich wurden. Unvorteilhafte Vermutungen, dass das Unternehmen den Schutz persönliche Daten seiner Nutzer*innen nicht ernst nimmt werden von Aussagen gestützt, die zwei Entwickler*innen in dieser Anhörung machten. Sie datieren aus dem März, das Transkript des Verfahrens (PDF) wurde aber erst jetzt veröffentlicht.
Es ist voller Sätze, bei denen Datenschützer*innen und Regulierungsbehörden verschreckt aufhorchen dürften. Zum Beispiel:
It would take multiple teams on the ad side to track down exactly the — where the data flows. I would be surprised if there’s even a single person that can answer that narrow question conclusively.
Oder auch:
So then where does that data get stored? I mean, there has to be—I remember the SDK [Software Development Kit]. I just don't know on the back end where it goes.
Opinion: TikTok May Be More Dangerous Than It Looks — www.nytimes.com
Warum ich das wichtig finde?
Weil das eine wirklich differenzierte Betrachtung der Gefahr ist, welche von TikTok ausgeht. Denn dabei ist der Umstand, dass China, bzw. die chinesische KP möglicherweise Daten von westlichen Nutzer*innen einsehen kann noch die harmlosere Gefahr. Es zeigt sich, dass die sozialen Medienplattformen, die dafür designt sind, unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen und unsere Ansichten zu prägen, ganz dringend in den Fokus öffentlicher Regulierung geraten müssen.
Viele kluge Menschen formulieren ernstzunehmende Kritik oder fordern gar, TikTok zu verbieten. Ezra Klein, kommt in diesem Kommentar hier in der New York Times zum Schluss:
Our collective attention is important. Whoever (or whatever) controls our attention controls, to a large degree, our future. The social media platforms that hold and shape our attention need to be governed in the public interest. That means knowing who’s truly running them and how they’re running them.
I’m not sure which of the social network owners currently clear that bar. But I’m certain ByteDance doesn’t. On this, Donald Trump was right, and the Biden administration should finish what he started.
TikTok’s real power isn’t over our data. It’s over what users watch and create. It’s over the opaque algorithm that governs what gets seen and what doesn’t. (…)
Imagine a world in which the United States has a contested presidential election, as it did in 2020 (to say nothing of 2000). If one candidate was friendlier to Chinese interests, might the Chinese Communist Party insist that ByteDance give a nudge to content favoring that candidate? Or if they wanted to weaken America rather than shape the outcome, maybe TikTok begins serving up more and more videos with election conspiracies, sowing chaos at a moment when the country is near fracture.
Tech futurism's blind spot — davekarpf.substack.com
Warum ich das wichtig finde?
Dies ist ein wirklich wichtiger Artikel darüber, was Metaverse, Web3 und künstliche Intelligenz Evangelist*innen kollektiv ignorieren. Es geht darum, dass der Blick gerne in eine super-sexy und oft "lofty" Zukunft geht - aber die Verantwortung für die drängenden Probleme unserer Zeit wird nicht angenommen. Dieser Kelch kann ruhig weitergehen und von anderen aufgegriffen werden. Sonst würde man noch lästigerweise gemessen werden am Impact, den die eigenen Ideen für die Lösung wirklicher Probleme haben.
Silicon Valley has spent decades accruing power and moving to the center of the global economy. As that has happened, many of its VCs and founders have chafed at the public expectations that are attached to that power. Being held responsible for the state of the present is a lot less enjoyable than being celebrated for inventing the future. (They’d prefer fewer Congressional hearings and more magazine covers, please.) And so, as a reaction to the techlash, the power centers of Silicon Valley have diverted our attention by spinning up tales about the next chapter of the digital revolution. […]
Somehow, here we are in the 2020s and we still have tech visionaries conjuring a future in which the climate crisis is somebody else’s problem to solve. […]
What if the future isn’t Artificial General Intelligence and 100x increases in computing power? What if it’s cheap-and-flexible mesh networks? What if the future isn’t replacing untrustworthy institutions with blockchain governance? What if it’s replacing untrustworthy global and national institutions with revitalized local trust? What if the metaverse isn’t the future because, in the future, people commit themselves to improving and monitoring their vulnerable surroundings?
Noch mehr Lesestoff und Inspiration
Claims AI can boost workplace diversity are ‘spurious and dangerous’, researchers argue — www.cam.ac.uk
Ein Team der University of Cambridge hat ein KI-Tool entwickelt, um die Behauptung zu widerlegen, dass KI-Algorithmen die Diskriminierung während Recruiting-Verfahren verringern können, und bezeichnet die Verwendung solcher Analysen als "Pseudowissenschaft". Ihr Tool mit dem Namen "Personality Machine" zeigt, wie geringfügige und willkürliche Veränderungen der Beleuchtung, des Gesichtsausdrucks und mehr während eines Videointerviews zu sehr unterschiedlichen Persönlichkeitsbewertungen durch KI-Analysesoftware von Stimme und Körpersprache führen können.
James Earl Jones Steps Back From Voicing Darth Vader, Signs Off on Using Archived Recordings to Recreate Voice With A.I. — variety.com
Bemerkenswerte Entwicklung im Bereich synthetischer Persönlichkeiten oder Fortführung dergleichen. James Earl Jones, der fast 40 Jahre lang den berühmten "Star Wars"-Bösewicht Darth Vader stimmlich geprägt hat, hat einen Deal mit LucasFilm gemacht, dass eine KI-Technologie seine Stimme künstlich nachahmt (so dass sie jung und frisch klingt wie damals).
Meta’s VR platform Horizon is too buggy and employees aren’t using it enough, says exec — www.theverge.com
Metas ganze Hoffnung und Flagship-Anwendung, die Metaverse-App Horizon Worlds, kämpft mit zu vielen Fehlern und zu wenig Mitarbeitenden, die sie nutzen, so Vishal Shah, VP of Metaverse des Unternehmens, in durchgesickerten Memos. Und diese Memos sind voller peinlicher Passagen:
In a follow-up memo dated September 30th, Shah said that employees still weren’t using Horizon enough, writing that a plan was being made to “hold managers accountable” for having their teams use Horizon at least once a week. “Everyone in this organization should make it their mission to fall in love with Horizon Worlds. You can’t do that without using it. Get in there. Organize times to do it with your colleagues or friends, in both internal builds but also the public build so you can interact with our community.”
The Ungodly Surveillance of Anti-Porn ‘Shameware’ Apps — www.wired.com
Ein krasser Einblick in Aktivitäten amerikanischer Kirchen und sehr invasive Überwachungstechnologien, um "sündiges" Verhalten zu unterbinden. Manche Software sieht mehr, als den Gemeindemitgliedern bewusst ist.
The omniscience of Covenant Eyes soon weighed heavily on Hao-Wei Lin, who has since left Gracepoint. Within a month of installing the app, he started receiving accusatory emails from his church leader referencing things he had viewed online. “Anything you need to tell me?” reads one email Hao-Wei Lin shared with WIRED. Attached was a report from Covenant Eyes that detailed every single piece of digital content Hao-Wei Lin had consumed the prior week. It was a trail of digital minutiae accumulated from nights spent aimlessly browsing the internet, things Hao-Wei Lin could barely remember having seen—and would have forgotten about had a member of his Church not confronted him. The church leader zeroed in on a single piece of content that Covenant Eyes had flagged as “Mature”: Hao-Wei Lin had searched “#Gay” on a website called Statigr.am, and the app had flagged it.
Abteilung "Gesellschaft, quo vadis?"
Bedrohte Freiheit - Die Angst vor den Schönwetterdemokraten — www.deutschlandfunkkultur.de
Warum ich das wichtig finde?
Basiert die Zustimmung zur Demokratie bei vielen Menschen nur auf dem reinen Wohlstandsversprechen, das sie mit dieser Staatsform verbinden? Das befürchtet Autor Florian Goldberg. Vor diesem Hintergrund sieht er unsere Demokratie angesichts der drohenden Energiekrise vor einer besonderen Bewährungsprobe.
Inzwischen lieben wir die Freiheit sehr. Freiheit, haben wir gelernt, heißt volle Kühlschränke, warme Wohnungen und Ballermann für alle. Weniger flapsig: Die Demokratie sei diejenige Staatsform, die ihren Bürgern den größten Wohlstand verspreche. Aha! [...]
Könnte sein, dass wir umlernen müssen. Was den Wohlstand betrifft, haben unsere autokratischen Widersacher nicht nur aufgeholt, sie haben uns auch hübsch an der Nase herumgeführt. Während wir mit „Wandel durch Handel“ ihre geschlossenen Gesellschaften allmählich für freiheitliche Werte zu öffnen meinten, interpretierten sie die Formel anders: Wenn man diese finanzkräftigen Dussel nur lange genug mit billiger Energie, billigen Waren und billigen Arbeitskräften versorgt, entsteht erst Gewöhnung, dann Abhängigkeit – und schließlich hat man sie an der Leine. [...]
Nun kann man relativ ungeniert missliebige Journalisten zersägen, widerborstige Volksgruppen internieren oder Nachbarländer überfallen. Nachhaltig Ärger ist nicht zu befürchten. Die Angst vor dem Verlust der Bequemlichkeit ist viel zu groß.
The market is not an end in itself — www.ft.com
Warum ich das wichtig finde?
Das ist eine ganz phantastische Betrachtung, wie sich der Kapitalismus seit jeher stets weiterentwickelt hat. Und wie natürlich dies immer war. Und wie gefährlich es ist, dass sich in den letzten 30-40 Jahren aber eine ganz bestimmte, sehr enge Auffassung einer Facette des Kapitalismus gebildet hat (Neoliberalismus), die mittlerweile mit "dem Kapitalismus" selbst gleichgesetzt wird. Mit der Folge, dass die treibende Kräfte dahinter ein Framing verfolgen, das jede Abweichung von diesem Konzept von Regierung und Märkten zwangsläufig nicht kapitalistisch oder gegen den Kapitalismus wäre. Eine gefährliche Sackgasse
The failings of the political and economic paradigm known as “neoliberalism” are now familiar. However well suited it may have been to addressing stagflation in the 1970s, neoliberal policy has since then fostered grotesque inequality, fuelled the rise of populist demagogues, exacerbated racial disparities and hamstrung our ability to deal with crises like climate change. The 2008 financial crash exposed these flaws and inspired a reassessment of how government and markets relate to society — an effort given fresh energy by the pandemic, which elicited a range of (successful) public actions at odds with neoliberal bromides. [...]
Neoliberals accomplished many things in the 50 years their ideology has been dominant, but none is more impressive than their success in equating a very particular, very narrow conception of capitalism with capitalism itself — as if any deviation from their approach to government and markets is perforce not capitalism or against capitalism. [...]
The genius of capitalism has, in fact, been in finding new ways to capture the energy, innovation and opportunity that private enterprise can offer, while adapting to changing circumstances. Mercantilism gave way to laissez-faire, which gave way to Keynesianism, which gave way to neoliberalism — each a capitalistic system that served for a time before yielding in the face of material and ideological changes to something more suited to a new context. [...]
If capitalism is to survive, it will need to adapt, as it has done in the past. We need to acknowledge how neoliberalism has failed and address the legitimate demands of those it has failed. Alternative possibilities abound: how capitalism should change is something we must debate. The only position that makes no sense is protesting that any change is “anti-capitalism”, as if Milton Friedman and friends achieved some perfect, timeless wisdom in the 1970s. In the end, markets and governments are just devices to provide citizens with the physical environment and opportunities for the material success needed to flourish and live with dignity. Neoliberals lost sight of this and began treating the market as an end in itself. They failed to see how their version of markets was not working for the majority of people. We’re now living with the consequences of their blindness, and we need to rebuild and reimagine, before it’s too late.
Britain and the US are poor societies with some very rich people — www.ft.com
Warum ich das wichtig finde?
Das ist eine bedrückende Betrachtung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zustände in den neoliberalen "Vorzeigewirtschaften" USA und vor allem Vereinigtes Königreich. Die Wahrheit ist: beide Länder sind eigentlich als eher arme Gesellschaften mit einigen sehr reichen Menschen zu klassifizieren. Wenn es z.B. um das durchschnittliche Haushaltseinkommen geht, muss das Vereinigte Königreich möglicherweise bald sogar von Arbeitsmigranten eine Lohnkürzung verlangen. Und bei den derzeitigen Trends wird der slowenische Durchschnittshaushalt bis 2024 besser gestellt sein als der britische.
Where would you rather live? A society where the rich are extraordinarily rich and the poor are very poor, or one where the rich are merely very well off but even those on the lowest incomes also enjoy a decent standard of living? For all but the most ardent free-market libertarians, the answer would be the latter. Research has consistently shown that while most people express a desire for some distance between top and bottom, they would rather live in considerably more equal societies than they do at present. Many would even opt for the more egalitarian society if the overall pie was smaller than in a less equal one.
Aber die Situation im Vereinigten Königreich sieht ganz anders aus:
Starting at the top of the ladder, Britons enjoy very high living standards by virtually any benchmark. Last year the top-earning 3 per cent of UK households each took home about £84,000 after tax, equivalent to $125,000 after adjusting for price differences between countries. This puts Britain’s highest earners narrowly behind the wealthiest Germans and Norwegians and comfortably among the global elite. So what happens when we move down the rungs? For Norway, it’s a consistently rosy picture. The top 10 per cent rank second for living standards among the top deciles in all countries; the median Norwegian household ranks second among all national averages, and all the way down at the other end, Norway’s poorest 5 per cent are the most prosperous bottom 5 per cent in the world. Norway is a good place to live, whether you are rich or poor. Britain is a different story. While the top earners rank fifth, the average household ranks 12th and the poorest 5 per cent rank 15th. [...] the bottom decile struggle by with a standard of living that is worse than the poorest in 14 European countries including Slovenia. [...]
Our leaders are of course right to target economic growth, but to wave away concerns about the distribution of a decent standard of living — which is what income inequality essentially measures — is to be uninterested in the lives of millions. Until those gradients are made less steep, the UK and US will remain poor societies with pockets of rich people.
Hier gibt es noch mehr Lesefutter zu diesem Thema. Meine Ableitung: Neoliberalismus in der aggressiven Anglo-amerikanischen Form führt zu nichts gutem:
How the U.K. Became One of the Poorest Countries in Western Europe — www.theatlantic.com Britain chose finance over industry, austerity over investment, and a closed economy over openness to the world.
Die Gazprom-Lobby — correctiv.org
Warum ich das wichtig finde?
Das ist hier eine ganz wichtige investigative Recherche von Correctiv.org und weiteren Organisationen welche aufzeigt, wie Russland deutsche Politiker*innen, Manager*innen und Anwält*innen einspannte, um Deutschland von russischem Gas abhängig zu machen.
Das Ganze ist visuell erstklassig und einfach zu verstehen aufbereitet. Ein Must-Read, um zu verstehen, in was für eine Situation wir uns (teils sogar sehenden Auges) hereinmanövriert haben:
Russisches Gas vom Energieriesen Gazprom galt als günstig. Aber vor allem gab es Netzwerke aus deutschen Politikern und Politikerinnen, aus Energiemanagern und Anwälten, die Deutschland über Jahre in eine gefährliche Abhängigkeit führten. Einiges ist schon bekannt – wir können nun erstmals ein umfassendes Bild dieser russischen Gazprom-Lobby zeigen, das wir fortlaufend aktualisieren.
Unsere Recherche in Zusammenarbeit mit dem Policy Network Analytics (PNA), einer privaten Initiative für Transparenz in der Politik, zeigt erstmals, wie breit das Netzwerk – neben Gerhard Schröder, dem bekanntesten deutschen Lobbyisten für russisches Gas – aufgestellt war. Es geht um Vereine, die sich scheinbar nur um gute deutsch-russische Beziehungen bemühen und denen nicht anzusehen ist, dass sie knallharte Konzerninteressen vertreten. Es geht um gesponserte Musikfestivals und Gesprächsforen und letztlich um die offene Vereinnahmung von Spitzenpolitikern – und einer Landeschefin. Mit dem Ergebnis, dass Deutschland erpressbar wurde.
What Was the TED Talk? — www.thedriftmag.com
Warum ich das wichtig finde?
Weil sich hier mal jemand das TED Talk Ökosystem vorknöpft. Ich muss zugeben, TED Talks waren für mich vor ein paar Jahren ein Weg, mich viel mehr mit inspirierenden Inhalten zu beschäftigen. Es gibt legendäre Talks. Mir fallen direkt die tollen Vorträge von Sir Ken Robertson ("Do schools kill creativity?" - zugegebenermaßen meine größte Angst wenn es um die Schullaufbahn meiner Kinder geht) oder auch Simon Sineks berühmte Einlassungen zum Golden Circle ("How great leaders inspire action") ein.
Dieser tolle Text hier befasst sich sehr kritisch mit dem Phänomen TED Talks. Denn sind wir mal ehrlich: wie glattgeschliffen, vorhersehbar und austauschbar sind denn die meisten Talks mittlerweile? Hier läuft mittlerweile eine gut geölte Maschine, die nicht nur den gleichen Brei an Talks liefert, sondern auch negative Effekte auf die Erwartungshaltung an Inhalte hat, die eigentlich eher losgelöst von der Form sein sollten.
I recently watched some of the talks from this conference on my laptop. They hit like parodies of a bygone era, so ridiculous that it made me almost nostalgic for a time when TED talks captivated me. Back then, around a decade ago, I watched those articulate, audacious, composed people talk about how they were building robots that would eat trash and turn it into oxygen, or whatever, and I felt hopeful about the future. But the trash-eating robots never arrived. With some distance, now, from a world in which TED seemed to offer a bright path forward, it’s time to ask: what exactly is TED? And what happened to the future it envisioned? [...]
Perhaps the most incisive critique came, ironically, at a 2013 TEDx conference. In “What’s Wrong with TED Talks?” media theorist Benjamin Bratton told a story about a friend of his, an astrophysicist, who gave a complex presentation on his research before a donor, hoping to secure funding. When he was finished, the donor decided to pass on the project. “I’m just not inspired,” he told the astrophysicist. “You should be more like Malcolm Gladwell.” Bratton was outraged. He felt that the rhetorical style TED helped popularize was “middlebrow megachurch infotainment,” and had begun to directly influence the type of intellectual work that could be undertaken. If the research wasn’t entertaining or moving, it was seen as somehow less valuable. TED’s influence on intellectual culture was “taking something with value and substance and coring it out so that it can be swallowed without chewing,” Bratton said. “This is not the solution to our most frightening problems — rather, this is one of our most frightening problems.” [...]
[...] as the most visible and influential public speaking platform of the first two decades of the twenty-first century, [TED] has been deeply implicated in broadcasting and championing the Silicon Valley version of the future. TED is probably best understood as the propaganda arm of an ascendant technocracy.
Against Jackpot-Longtermism — davekarpf.substack.com
Warum ich das wichtig finde?
Weil es hier um das Thema geht, welches mich in letzter Zeit am meisten triggert, und definitiv an verschiedenen Stellen im privaten und beruflichen Umfeld über den Weg gelaufen ist. Es geht um "Longtermism" (ich hatte das in Ausgabe #81 bereits vorgestellt), eine der Geschichten, die sich Tech-Milliardäre selbst erzählen und sich nun aufmachen, sie im Mainstream zu normalisieren.
Es ist sehr wichtig, besser zu verstehen, was die heutigen "Meister der (Tech-)Industrie" denken, und dazu ist besonders gut dieser Beitrag von Dave Karpf geeignet. Darüber hinaus empfehle ich euch noch Émile P. Torres, der in verschiedenen Medien ausführlich kritische Einordnungen zum Thema schreibt.
Was ist "Longtermism"? Longtermism basiert auf einem Gedankenexperiment: Man stelle sich den Wert des Lebens von Billionen von Menschen vor, die Millionen von Jahren in der Zukunft leben, nachdem sie andere Sonnensysteme kolonisiert haben, bzw. diese „Leben“ auch künstlich/digital/virtuell existieren können. Laut der Longtermism Lehre sei dieser Wert sehr viel größer als der Wert des Lebens der heute lebenden Menschen. Laut dieser (in meinen Augen völlig entgleisten) Version des Utilitarismus würde das bedeuten, dass wir die Chancen auf diese Billionen von Leben in Millionen von Jahren in der Zukunft maximieren sollten - auf Kosten des Mitgefühls und der praktischen Fürsorge für die vielen Menschen, die heute leben und leiden.
Nach dieser Logik können sich "Longtermists" ganz praktisch erlauben, ohne jegliche Empathie für heutige Menschen zu handeln. Hängt man dieser Lehre an, erkennt man nicht, oder anerkennt man nicht, wie privilegiert man ist.
I think it is a monument to something else: a profound failure of the imagination. The clock is a testament to willful blindness, as today’s tech barons whistle past the grim realities of the oncoming catastrophe that is man-made climate destabilization. Even worse: It is a reminder that social chaos is never evenly distributed. […]
The tradeoff in focusing on “existential risks” is it serves as cover for ignoring non-existential risks. Wealth inequality is a non-existential risk. Racism and sexism are non-existential risks. Even climate change, according to many longtermists, is a non-existential risk. […]
We should recognize Longtermism as something more pernicious, though. It is a philosophy that says we need not concern ourselves with the fates, the dignity, or the injustices that people living today face, because those people matter no more nor less than the people who will live millennia from now. It is a philosophy that instructs our privileged elites to imagine themselves at the fulcrum of history and ignore the suffering they might cause on their path to greatness. It is a philosophy that imagines, centuries from now, people will still tell the tales of this era, and of the great men (always men. Always.) who set the course of the future.
Zum Schluss noch ein Gedankenexperiment. Longtermists argumentieren ja, dass sehr viele Leben von Menschen, die ein „bisschen Glück“ empfinden (z.B. eine Billion Menschen mit „Glücksfaktor: 0,1“ -> 1.000.000.000.000 x 0,1 = 100.000.000.000) mehr wert seien als weniger Leben von Menschen die „großes Glück“ empfinden (z.B. eine Milliarde Menschen mit „Glücksfaktor: 1,0“ -> 1.000.000.000 x 1 = 1.000.000.000). Das sind die reinen Zahlen… völlig dahingestellt, wie man dieses „Glück“ überhaupt messen sollte und kann.
Dazu eine Rechnung: angenommen, man hat 2 Kinder, die „glücklich“ sind (z.B. Faktor 0,9 auf einer Glücklichkeits-Skala von 0 bis 1). Das wären dann 2 x 0,9 = 1,8 „Glückseinheiten“. Wäre es nun nicht besser, sie durch 10 halbwegs glückliche Kinder zu ersetzen (in Zahlen: 10 x 0,5 Glückseinheiten = 5)? Denn 1,8 ist ja kleiner als 5.
Für Menschen mit einer wahrhaften Fundierung im Humanismus, Menschen mit wahrem Mitgefühl und Sinn für Fürsorge dürfte die Antwort nicht schwer fallen. Longtermism ist nichts anderes als eine Bullshit-Lehre, die dazu dient, dass sich wohlhabende und einflussreiche Menschen von heute nicht um die gravierenden humanitären Probleme von heute kümmern müssen. Und dabei dank Longtermism sogar ein gutes Gewissen haben können. Nur schlüssig, dass die Ideologie des Longtermism aus den gleichen Kreisen verbreitet wird, wo die Ideologie des Effective Altruism herkommt. Hier geht es darum, möglichst viel Einkommen/Wohlstand/Reichtum anzuhäufen, „damit man mehr und effektiver für gute Zwecke spenden kann“. So hat man dann sogar eine ideologische Fundierung dafür, warum man eigentlich eine bessere Entscheidung trifft, wenn man Investment-Banker*in wird, anstatt Krankenpfleger*in.
Noch mehr Lesestoff und Inspiration
Collapse, Renewal and the Rope of History — futurecrunch.com
Ich finde diese Worte hier von Angus Hervey (von FutureCrunch) wahnsinnig gut und wertvoll. In Bezug auf die Klimakrise müssen wir bedenken, dass das was wir tun, wirklich einen Unterschied machen kann. Jeder muss für sich entscheiden, welche Art von Unterschied sie/er machen will.
‘Ultimately, there’s no way of judging whether we’re living through Collapse or Renewal. Future generations will decide that for us. The only thing that matters is the part we play. We can choose which strand of the rope we belong to. We can add to its grand weave, in the way we treat other people, in the daily work we do, in the decisions we make about where to put our energy, in the leaders we vote for and in the words that come out of our mouths.’ And for those to whom it applies, any readers responsible for billion dollar companies are encouraged to donate their entire firms to climate survival efforts.
Researchers agree: The world can reach a 100% renewable energy system by or before 2050 — www.helsinkitimes.fi
Eine neue Metastudie von 15 akademischen Einrichtungen kommt zu dem Ergebnis, dass es mittlerweile zum wissenschaftlichen Mainstream gehört, dass 100% des weltweiten Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann. Die Untersuchungen legen nahe, dass ein derartiges neues System weitgehend auf Sonnen- und Windenergie, Energiespeicherung, Sektorkopplung und direkter und indirekter Elektrifizierung fast des gesamten Energiebedarfs basieren würde.
Belanglosigkeiten auf Linkedin: Einfach mal die Klappe halten — t3n.de
Spricht mir aus der Seele: ein sehr treffender Meinungsbeitrag auf t3n zum Thema LinkedIn. Jetzt wo "jeder da ist" fühlt sich das Business Netzwerk vermüllt und verstopft an mit einer Mischung aus glossy Instagram-style Portraitfotos und "Was ich aus [setze Pillepalle ein] gelernt habe" Texten und immer mehr überbordender Hassrede und reaktionärem Müll à la Facebook.
Das Ergebnis: Menschen posten immer mehr. Und weil ihnen die Geschichten ausgehen, posten sie immer belangloseres Zeug mit immer mehr Pathos. Dieser Pathos sorgt für Aufmerksamkeit, er bewegt – aber es steckt eben nichts drin.
Buchempfehlung
Ulrike Herrmann: Das Ende des Kapitalismus — www.kiwi-verlag.de
Demokratie und Wohlstand, ein längeres Leben, mehr Gleichberechtigung und Bildung: Der Kapitalismus hat viel Positives bewirkt. Zugleich ruiniert er jedoch Klima und Umwelt, sodass die Menschheit nun existenziell gefährdet ist. »Grünes Wachstum« soll die Rettung sein, aber Wirtschaftsexpertin und Bestseller-Autorin Ulrike Herrmann hält dagegen: Verständlich und messerscharf erklärt sie in ihrem neuen Buch, warum wir stattdessen »grünes Schrumpfen« brauchen.
Gerade fertig geworden hiermit. Ein wichtiges und nachdenklich machendes Buch. Der Titel ist leider sehr plakativ und polarisierend. Jedoch: bei der Lektüre drängt sich tatsächlich die Erkenntnis auf, dass die Art und Weise, wie wir wirtschaften und dies organisieren keine Zukunft haben kann. Entweder passen wir diese auf die Herausforderungen durch die Klimakrise selbst aktiv an, oder es kommt zum unkontrollierten Zusammenbruch durch die Entwicklungen der Klimakrise, sagt Ulrike Herrmann.
Was mir besonders gut gefiel waren ihre Ausführungen zum Thema Wachstum / grünes Wachstum:
[…] Arbeit ist nicht das gleiche wie Wachstum oder steigendes Einkommen. In einer klimaneutralen Welt würde die Wirtschaftsleistung Deutschlands abnehmen, da weniger Güter entstehen. Unter anderem würde es weniger Autos, keine Flüge, weniger Chemikalien, kleinere Wohnungen und keine neuen Bürogebäude und Logistikzentren mehr geben. Niemand würde hungern und das Leben wäre weiterhin schön. Aber es wäre kein grünes Wachstum, sondern grünes Schrumpfen. Nur eine einzige Branche kann und soll expandieren. Die Öko-Energie. Dies wäre aber kein Wachstum wie wir es bisher kennen. Denn es entsteht ein Produkt, welches früher umsonst war: menschliches Überleben auf der Erde. Bisher kostet es kein Geld, dass wir uns im Freien aufhalten, Ackerbau betreiben oder Süßwasser nutzen können. Künftig sind jedes Jahr viele Milliarden nötig um eine lebensgefährliche Erderwärmung zu verhindern. Es entstehen also neue Kosten, während zugleich die Wirtschaftsleistung schrumpfen muss um eine Klimakatastrophe abzuwenden. Dieser Spagat ist völlig neu. Bisher wurden alle gesellschaftlichen Ausgaben aus dem Wachstum finanziert. Niemand musste verzichten um etwa das Gesundheitssystem oder das Schulsystem zu bezahlen. Doch diese Zeiten sind vorbei. Die Aufgaben werden größer und die Mittel geringer. Verzicht ist angesagt, was sofort zur Frage führt, wer sich in welcher Höhe einschränken soll. Verteilungskonflikte sind nicht zu vermeiden. […] Diese pessimistische Sicht lehnen viele Klimaökonomen ab und versprühen stattdessen Optimismus. Sie versprechen ein ökologisches Wirtschaftswunder und verbreiten den Eindruck dass Klimaschutz sogar einen Boom auslösen würde. […] Doch diese munteren Prognosen sind aus der Luft gegriffen. Wie die Autoren selbst zugeben haben sie auf volkswirtschaftliche Untersuchungen verzichtet. So heißt es bei Agora-Energiewende: „Die ökonomischen Effekte der Klimaschutzmaßnahmen wurden nicht explizit untersucht.“ Auch das Fraunhofer Institut muss einräumen: „Es wurde keine volkswirtschaftliche Gesamtanalyse durchgeführt bei der auch die Wertschöpfungs- und Beschäftigungsfragen mitberücksichtigt werden.“ […] Diese selbstgewählten Wissenslücken halten die Fraunhofer Experten jedoch nicht davon ab, unbekümmert zu behaupten, dass der Klimaschutz günstig würde. […] Es ist wissenschaftlich unzulässig Aussagen zu treffen, die gar nicht erforscht wurden. Unter Klimaökonomen ist dies aber leider die Regel. Da ein Abschied vom Wachstum so unerfreulich wäre, wird eben grünes Wachstum postuliert.
Dies und Das
KI und Ethik - Ethik und KI:
Eine phantastische Erklärung von Quantenphysik:
Elon Musk einfach jede Woche unerträglicher...
Deshalb und sowieso unterstütze ich das: 👇
Beste Kommentierung der Protestaktionen in Museen:
So, das war's. Habt einen schönen Feiertag (da, wo der 1.11. ein Feiertag ist)!