Hallo zusammen! Willkommen zur aktuellen Ausgabe meines Newsletters! Meine Empfehlungen fĂŒr interessante Artikel, Podcasts, etc. aus den letzten paar Wochen (leider sind nach wie vor die AbstĂ€nde zwischen den Ausgaben eher gröĂer und variabel⊠it is what it isâŠ). Vielleicht ist was wertvolles fĂŒr Euch dabei â đ° đ»đđïž
â wie die Apple Vision Pro âunter unsere Hautâ will â ob das Ende der Smartphone-Ăra gekommen ist â warum KI alles weiĂ, aber nichts begreift â wie KI Hollywood aufwĂŒhlt â wie Big Tech San Francisco âin den Schatten stelltâ â ob wir das Internet gerade sterben sehen â ob Deepfakes unsere Demokratie zerstören werden â ĂŒber einen besorgniserregenden Gender-Worldview-Gap â was wir in Bezug auf Lese-FĂ€higkeiten verloren haben â was auf dem Spiel steht, wenn Kulturjournalismus untergeht â ĂŒber Studienergebnisse zu âBack to Officeâ â ĂŒber GenZ und Zukunft der Arbeit â ĂŒber Bezahlkarten und Politiksimulation â und noch viel, viel, viel mehr!
Gute Artikel
In Your Face: Appleâs friction eliminators want to get under your skin (John Fechtel, The New Atlantis)
Apples AnkĂŒndigung der Vision Pro hat aufgrund ihres hohen Preises ($3500) und ihrer ehrgeizigen Zukunftsvision gemischte Reaktionen hervorgerufen. Trotz der Skepsis hat das GerĂ€t aber die ersten Tester*innen beeindruckt. Stehen wir vor einem potenziellen Meilenstein in der Entwicklung von Personal Computing Devices, der an Apples frĂŒhere Erfolge mit iPod, iPad, iPhone und Apple Watch erinnert? FĂŒr Apple scheint das alles keine Nische fĂŒr Spiele zu sein, sondern soll zu einem integralen Bestandteil tĂ€glicher AktivitĂ€ten wie Arbeit, Unterhaltung und Geselligkeit werden. In der BenutzeroberflĂ€che der Vision Pro ist Apples Ansatz, die Barriere zwischen den Nutzenden und dem GerĂ€t zu minimieren, indem die ausgefeilte (intuitive?) Steuerung durch Augenbewegungen und Gesten in den Vordergrund gestellt wird.
Was bedeuten GerĂ€te wie die Vision Pro aber in Bezug auf unser VerhĂ€ltnis zur Technologie. Die Vision Pro kann als ein entschlossener Schritt gesehen werden, Technologie zunehmend in unsere persönlichen Alltagserfahrungen zu integrieren. Apple will die Mensch-Maschine Schnittstelle perfektionieren, um die âFrictionâ zwischen Absicht und Handlung zu verringern. Wir sollten uns bewusst sein, dass mit dieser Strategie die GerĂ€te noch enger mit unseren Körpern verbunden werden. Und sicherlich zunehmend den Weg fĂŒr Implantate ebnen. Und das wirft sehr wichtige Fragen auf nach den Auswirkungen auf unsere Beziehung zur Technologie, die Art unserer Interaktion mit der Welt und vor allem auch unsere Selbstwahrnehmung.
Die Vision Pro und Ă€hnliche Technologien versprechen zwar, digitale Interaktionen nahtloser und immersiver zu machen. Aber sie verdeutlichen auch die stĂ€ndige Herausforderung, die technologische Integration mit der Bewahrung unserer physischen RealitĂ€t und unseres menschlichen Wesens in Einklang zu bringen. Die Diskussionen, die wir hierĂŒber fĂŒhren mĂŒssen, sollte weit ĂŒber die Möglichkeiten und Auswirkungen eines einzelnen GerĂ€ts hinaus gehen. Sonder vor allem umfassendere kulturelle und philosophische Ăberlegungen ĂŒber die Rolle der Technologie in unserem Leben und die Zukunft unseres Umgangs mit der digitalen und physischen Welt beinhalten. John Fechtel liefert mit diesem Artikel einen wichtigen Beitrag dazu.
Appleâs designers believe that it is easier and more casual to gesture in the air or to glance at an app icon than it is to hold something in your hand and tap tiny buttons with fat fingers. The interface is no longer the device itself, but our bodies and the space around us. [âŠ]
The closer the device gets to realizing what you really want, the closer it must draw to your person. And the closer it draws to your person, the more it cuts you off from the world. [âŠ]
The Apple Vision Pro wants to be your new eyes. But why are we so keen to replace our real ones? What is so lacking in them? Or what is so lacking in the physical world our eyes perceive that it must be âaugmentedâ with the digital? Is there a positive vision of human flourishing on offer here? Digital-device culture is an experiment on a colossal scale, the results of which we have tried to measure in IPOs, quarterly growth rates, engagement metrics, and daily active users, not in human flourishing. But that is where we are incurring the real costs.
AI-in-a-Box wonât End Smartphones (Tobias Revell)
Tobias Revell liefert hier eine kritische, in meinen Augen aber sehr passende und eine in Bezug zu unsere sozialen Normen verankerte Reflexion zu zwei neuen, und gerade in Fachkreisen gefeierten AI-enabled/centered Devices. Diese schicken sich in âFanboiâ angeblich an, klassischen Smartphones den Garaus zu machen. Revells Gedanken hierzu sind sehr lesenswert. Denn, völlig unabhĂ€ngig davon, ob gerade die hier in den Fokus genommenen GerĂ€te âHumane AI Pinâ und âRabbit R1â tatsĂ€chlich erfolgreich werden (wohl eher nicht, denn es sind sehr frĂŒhe und in vielen Aspekten noch unvollkommene Gehversuche in diese Richtung), ist es wichtig, dass wir Menschen aktiv verhandeln, welche Rolle neue Technologie, v.a. solche, die sich subtil in unserer intimsten Umgebung âversteckenâ will, haben sollte. Und ob sie möglicherweise Schaden in unserem sozialen Miteinander anrichtet.
You see, the good thing about a phone is it is a very visible social symbol. For instance, laying it out on the table, face down is a way of saying that you want to be aware of it but not distracted unduly. You might be expecting a call or indeed, broadcasting to other people that you are giving them attention. A âno phones at the table ruleâ is a more enforced version of this. You might then pick it up and carelessly flip it over to signal your intention to leave. You might have it on loud or silent depending on how much disdain you have for those around you relative to any notification you might receive. On public transport you can use it to blast music to annoy people or use it as a concealment mechanism to dissuade eye contact. [âŠ]
The Humane Pin, with its outward-facing projector, camera and obnoxious position on the userâs body is attempting to hurl itself bodily into these norms as if Google Glass never happened and it will fail because only the most obnoxious and socially ambivalent have no empathy for how other people see them. The Rabbit might have an easier time here; its interactions are familiar as a sort of walkie-talkie-Pokedex but the question has to be asked about what it does that a phone is incapable of doing, if anything it does less but just in a lovely Teenage Engineering box. These things arenât smartphone killers, they donât offer nearly the same practical or social utility. Theyâre for time-poor cash-rich people whoâs main focus is signalling to other people that theyâre into AI.
KĂŒnstliche Intelligenz weiĂ alles und begreift nichts (Frank Dopheide, Handelsblatt)
Frank Dopheide liefert hier einen sehr lesenswerten und wertvollen Beitrag ĂŒber die Grenzen und Herausforderungen kĂŒnstlicher Intelligenz. Er kritisiert die irrtĂŒmliche Annahme, dass trotz der fortschreitenden Integration von KI in verschiedenste Lebensbereiche und deren FĂ€higkeit, komplexe Probleme schnell zu lösen, dass KI tatsĂ€chlich "intelligent" im menschlichen Sinne sei. Er argumentiert, dass KI zwar Daten verarbeiten, Muster erkennen und sogar emotionale TonalitĂ€ten simulieren kann, ihr jedoch grundlegende menschliche FĂ€higkeiten wie emotionales VerstĂ€ndnis und Empathie fehlen. Diese Technologien fĂŒhren zu einer scheinbaren IntimitĂ€t und Bequemlichkeit, die jedoch zwischenmenschliche Beziehungen und das VerstĂ€ndnis fĂŒr das Leben untergraben. Dopheide betont, dass echte menschliche Interaktionen und Empathie in Zukunft entscheidend sein werden und dass trotz der fortschrittlichen FĂ€higkeiten von KI, die menschliche FĂ€higkeit zu fĂŒhlen und zu verstehen, das bleibt, was KI niemals erreichen kann.
Spotify kennt deine Lieblingssongs, Amazon empfiehlt Produkte, die du unbedingt sehen solltest, und Netflix weiĂ, welcher Film bei dir heute angesagt ist. Und weil es so âconvenientâ ist, lehnen wir uns zurĂŒck und machen entspannt mit. So verĂ€ndert Technologie unser Verhalten. Um zu checken, wie das Wetter wird, gucken wir auf die App statt aus dem Fenster. Wir âswipenâ, um die Liebe unseres Lebens zu finden, und sammeln Likes, um unser Selbstbewusstsein zu stĂ€rken. KI ist immer in Rufweite, hört aufs Wort, tut schlau und hat doch keine Ahnung, wie es uns geht. Sie sammelt Berge von Informationen, und doch fehlt ihr jedes VerstĂ€ndnis. Wir Menschen begreifen das Leben mit Haut und Haaren und haben ein GespĂŒr fĂŒr das Unbegreifliche. KI kennt kein BedĂŒrfnis, kein Leid und keine Freude. Wie fĂŒhlt es sich an, wenn dein gröĂter Kunde kĂŒndigt? Dein Kind ins Krankenhaus muss? Das emotionale VerstĂ€ndnis der KI ist nicht gröĂer als das Ihres Staubsaugers. Sie kann sich allerdings besser ausdrĂŒcken. [âŠ]
KI ist ein IllusionskĂŒnstler, ein Heiratsschwindler moderner Art. Er hat keinerlei Interesse an uns, mag uns nicht einmal, sondern hat es am Ende immer nur auf unser Geld abgesehen. Wir sollten achtsam sein. Die Technik hĂ€lt uns vom Leben ab. Sie drĂ€ngt sich zwischen uns. Die E-Mail bietet keinen Platz, um zwischen den Zeilen zu lesen. Statt Lob gibt es ein Emoji. Die menschlichste aller FĂ€higkeiten, die Empathie, degeneriert. So verlieren wir das GefĂŒhl fĂŒr uns und die anderen. [âŠ] Die Gesellschaft und die Wirtschaft leiden an sozialem Muskelschwund. Das verlangt einen neuen Muskel in der FĂŒhrungsetage: die Beziehungsintelligenz. Die FĂ€higkeit, spĂŒrbare Verbundenheit zu schaffen und damit das Team, die Kunden und den Laden zusammenzuhalten. Die Kunst, sich innerlich mit dem tĂ€glichen Tun, dem Unternehmen und den Kunden verbunden zu fĂŒhlen wird zur Zukunftsaufgabe. Der Mensch hat von Natur aus alles, was die KI gern hĂ€tte: Er kann mit uns fĂŒhlen, uns auf die Schulter klopfen und selbst das Ungesagte hören. Das Menschliche macht in Zukunft den groĂen Unterschied.
Kann man es besser ausdrĂŒcken? đŻ
How AI Could Disrupt Hollywood (Nick Bilton, Vanity Fair)
Nick Bilton beleuchtet hier die widersprĂŒchlichen Ansichten Hollywoods ĂŒber die Rolle der KI beim âGeschichtenerzĂ€hlenâ. Man könnte aus einer weniger hardcore-kapitalistisch geprĂ€gten Sicht die KI als Chance sehen, die KreativitĂ€t zu demokratisieren und KĂŒnstler*innen zu stĂ€rken. Zu Recht wird aber der mögliche Verlust von ArbeitsplĂ€tzen und kreativer Kontrolle befĂŒrchtet. Denn jetzt kommen KI-Dienste wie Sora von OpenAI, bzw. es gibt bereits andere Plattformen wie Pika, Runway und VideoPoet, die Text-zu-Video Output möglich machen. Die Reise geht in Richtung der Erstellung hochwertiger Videoinhalte aus Text oder Bildern, bis hin zu einer versprochenen Revolution visueller Effekte. Manche Hollywood Execs trĂ€umen von KIs, die das Filmemachen als Ganzes ĂŒbernehmen. Denn KI-Tools schicken sich ebenfalls an, das Schreiben von DrehbĂŒchern, das Komponieren von Filmmusik und den Schnitt zu erledigen.
Der Artikel bietet einen Blick auf gegensĂ€tzlich Ansichten ĂŒber die zukĂŒnftigen Auswirkungen der KI. BefĂŒrworter wie Andy Weir glauben, dass die KI irgendwann die menschlichen FĂ€higkeiten zum GeschichtenerzĂ€hlen ĂŒbertreffen wird. WĂ€hrend Skeptiker wie Tim Cook, CEO von Apple, argumentieren, dass menschliche GeschichtenerzĂ€hler unersetzlich bleiben werden. Trotz der unterschiedlichen Meinungen geht der Bilton davon aus, dass der Einfluss der KI auf das Filmemachen unausweichlich ist und die Branche in den kommenden Jahren ganz bestimmt sehr stark verĂ€ndern wird.
Andy Weir, author of The Martian, which was made into a feature film nominated for seven Oscars, is a true believer. âAI will be able to write much better stories than humans can. Mainly because it will learn what you do and donât like, and itâll write a story tailored to be something you will enjoy,â he says. The scenario goes like this: For a while, humans will still be involved. Then the AIs will start to make content just for youâand only youâbased on how you feel that day. The cameras in your phone and laptop and TV will be able to see your heart rate and emotions (AI can already do this), calculating all those neurons as they click and clack in real time, and then change the content as youâre watching to make it funnier or more emotional, or remove characters you donât like. âI also think,â Weir says, âthatâbefore my life is overâmy profession will effectively disappear.â
In the Shadow of Silicon Valley (Rebecca Solnit)
Rebecca Solnit befasst sich hier mit den tiefgreifenden gesellschaftlichen und stĂ€dtischen VerĂ€nderungen, die durch den technologischen Fortschritt hervorgerufen werden. Epizentrum hierfĂŒr ist natĂŒrlich das Silicon Valley, bzw. San Francisco, welches in den letzten 20 Jahren durch die Technologiebranche so umgekrempelt wurde, dass es kaum wiederzukennen ist. Solnit geht als Beispiel insbesondere auf die Auswirkungen fahrerloser Autos und der technologiegetriebenen Isolation in San Francisco ein. Sie kritisiert die Verringerung menschlicher Interaktion und die VerdrĂ€ngung lokaler Unternehmen durch die Automatisierung und die Dominanz der groĂen Technologieunternehmen. Der Text macht sehr nachdenklich. Vor allem, wenn es darum geht, welche weiteren Entwicklungen absehbar sind. Darunter die zunehmende Einsamkeit, die Erosion des öffentlichen Lebens und die VerĂ€nderung unserer Stadtlandschaften. Welche Zukunft treibt die Big Tech Industrie voran, wenn damit der Verlust von Gemeinschaft, Vielfalt und Lebendigkeit in unseren StĂ€dten einhergeht?
The luxury shuttle buses that Facebook, Google and Apple launched for their employees around 2012, by easing the congested commute, encouraged large numbers of them to move to San Francisco, which has now been fully annexed by the Valley. The desire of tech workers to live in this dense, diverse place while their products create its opposite is an ongoing conundrum. Many tech workers think of themselves as edgy, as outsiders, as countercultural, even as theyâre part of immense corporations that dominate culture, politics and the economy. [âŠ]
The symbolic epicentre of this movement is San Francisco, but really itâs the entire curdled utopian dream of California. In the eyes of rich techies who have seen their beloved metropolis fall into decay, vast inequality and social misery, the state is dead. Their disappointment and alienation has melded with traditional Republican disgust toward liberal cities (and their non-white residents) to paint a picture of irredeemable urban squalor. These frightened urbanites are echoing the Trumpist drumbeat that cities â particularly in California â are dangerous, dark places that must be tamed. But they never really loved San Francisco, at least not as a place of diversity and free circulation, and theyâve never acknowledged their role in its dramatic economic divides, housing crises and desperate homeless population. [âŠ]
I used to be proud of being from the San Francisco Bay Area. I thought of this place in terms of liberation and protection; we were where the environmental movement was born; we were the land of experimental poetry and anti-war marches, of Harvey Milk and gay rights, of the occupation of Alcatraz Island that galvanised a nationwide Indigenous rights movement as well as Cesar Chavezâs farmworkersâ movement in San Jose and the Black Panthers in Oakland. We were the left edge of America, a refuge from some of its brutalities and conformities, a sanctuary for dissidents and misfits and a laboratory for new ideas. Weâre still that lab, but weâre no longer an edge; weâre a global power centre, and what issues from here â including a new super-elite â shapes the world in increasingly disturbing ways.
Ableitung? Man kann nicht gleichzeitig fĂŒr die Demokratie und fĂŒr MilliardĂ€re sein. Denn die Demokratie erfordert Chancengleichheit, um teilhaben zu können. Aber extremer Reichtum verschafft seinen Besitzern unfassbare Vorteile, ohne dass sie dafĂŒr zur Rechenschaft gezogen werden.
Im Kontext Big Tech, Silicon Valley und San Francisco gibt es hier noch einen tollen kleinen Text von Connor Leahy:
It took me a long time to understand what people like Nietzsche were yapping on about about people practically begging to have their agency be taken away from them. It always struck me as authoritarian cope, justification for wannabe dictators to feel like they're doing a favor to people they oppress (and yes, I do think there is a serious amount of that in many philosophers of this ilk).
But there is also another, deeper, weirder, more psychoanalytic phenomena at play. I did not understand what it was or how it works or why it exists for a long time, but I think over the last couple of years of watching my fellow smart, goodhearted tech-nerds fall into these deranged submission/cuckold traps I've really started to understand.
e/acc is the most cartoonish example of this, an ideology that appropriates faux, surface level aesthetics of power while fundamentally being an ideology preaching submission to a higher force, a stronger man (or something even more psychoanalytically-flavored, if one where to ask ol' Sigmund), rather than actually striving for power acquisition and wielding. And it is fully, hilariously, embarrassingly irreflexive about this.
San Francisco is a very strange place, with a very strange culture. If I had to characterize it in one way, it is a culture of extremes and where everything on the surface looks like the opposite of what it is (or maybe the "inversion") . It's California's California, and California is the USA's USA. The most powerful distillation of a certain strain of memetic outgrowth.
And on the surface, it is libertarian, Nietzschean even, a heroic founding mythos of lone iconoclasts striking out against all to find and wield legendary power. But if we take the psychoanalytic perspective, anyone (or anything) that insists too hard on being one thing is likely deep down the opposite of that, and knows it.
There is a strange undercurrent to SF that I have not seen people put good words to where it in fact hyperoptimizes for conformity and selling your soul, debasing and sacrificing everything that makes you human in pursuit of some god or higher power, whether spiritual, corporate or technological.
SF is where you go if you want to sell every last scrap of your mind, body and soul. You will be compensated, of course, the devil always pays his dues. The innovative trick the devil has learned is that people tend to not like eternal, legible torment, so it is much better if you sell them an anxiety free, docile life. Free love, free sex, free drugs, freedom! You want freedom, don't you? The freedom to not have to worry about what all the big boys are doing, don't you worry your pretty little head about any of that...
Are We Watching The Internet Die? (Ed Zitron)
Ein groĂartiger Artikel von Ed Zitron ĂŒber den traurigen Zustand des Internets in den letzten Jahren und seine zunehmende Unterwanderung durch "degenerative KI" (wie er es nennt). Er nimmt den gerade erfolgten Börsengang von Reddit als Anlass und legt die GrĂŒnde fĂŒr die zunehmende Korruption von Inhalten, Suchergebnissen und schlieĂlich von LLMs selbst dar. "Generative kĂŒnstliche Intelligenz ist Gift fĂŒr ein Internet, das von Algorithmen abhĂ€ngig ist", und sie ist Gift oder Inzucht fĂŒr die "Habsburger KI". (hier mehr Informationen zu dieser Referenz)
Es sieht so aus, als ob wir jetzt sehr deutlich in den Kampf der Algorithmen eintreten. Einerseits der Algorithmen, die tonnenweise Schrott produzieren, um damit Geld zu machen. Und auf der anderen Seite Algorithmen, die versuchen, diesen Mist herauszufiltern. Zitron geht auch darauf ein, dass es nicht wirklich klar erkennbar ist, welche Rolle Google und Meta hierbei spielen, bzw. was sie wirklich wollen. Ist es wie bei der durch KI generierten Musik? Die offensichtlich fĂŒr die meisten Menschen âgerade gut genugâ ist? Im schlimmsten Fall mĂŒssen wir davon ausgehen, dass diese Einstellung und Entwicklung auch bei allen anderen Sachen, welche von KI erstellt werden, so sein wird. Die Menschen suchen nicht unbedingt nach dem Besten (oder sogar dem sehr Guten), sondern oft nur nach âEtwasâ. Und dieses âEtwasâ kann gut genug sein, wenn es von einer KI gemacht wird. Es ist ja nicht so, dass wir durch den Konsum zu einer besseren QualitĂ€t bei den meisten Produkten gekommen wĂ€ren, warum sollte es bei der Online-Version anders sein?
Werden sich in Zukunft Websites hinter "E-Mail-WĂ€nden" und Paywalls verstecken mĂŒssen? Es wird wohl unmöglich sein, nur nach von Menschen erstellten Inhalten und echten Nutzenden zu filtern. Weil es einfach zu viel automatisierten Mist geben gibt. Sobald die Erstellung von Inhalten selbst keine Grenzkosten mehr verursacht, wird fast alles davon betroffen sein. Die Lösung besteht nicht darin, diese Inhalte zu eliminieren, sondern Wege zu finden, um die AuthentizitĂ€t der Inhalte zu ĂŒberprĂŒfen. Dann werden wir einen KI-Sumpf voller Schrott haben, mit Gated Communities und Systemen zum Nachweis von âProduktion aus Menschenhandâ. Sind das nicht phantastische Aussichten?
Yet the world I fear is one where these people are allowed to run rampant, turning unique content into food for an ugly, inbred monster of an internet, one that turns everybody's information sources into semi-personalized versions of the same content. These people have names â Sam Altman of OpenAI, Sundar Pichai of Google, Mark Zuckerberg of Meta (which has its own model called LLaMA), Dario Amodei of Anthropic, and Satya Nadella of Microsoft â and they are responsible for trying to standardize the internet and turn it into a series of toll roads that all lead to the same place.
And they will gladly misinform and disadvantage billions of people to do so. Their future is one that is less colorful, less exciting, one that caters to the entitled and suppresses the creative. Those who rely on generative AI to create are not creators any more than a person that commissions a portrait is an artist. Altman and his ilk believe they're the new Leonardo Da Vincis, but they're little more than petty kings and rent-seekers trying to steal the world's magic.
They can, however, be fought. Don't buy their lies. Generative AI might be steeped in the language of high fantasy, but itâs a tool, one that they will not admit is a terribly-flawed and unprofitable way to feed the growth-at-all-costs tech engine. Question everything they say. Don't accept that AI "might one day" be great. Demand that it is today, and reject anything less than perfection from men that make billions of dollars shipping you half-finished shit. Reject their marketing speak and empty fantasizing and interrogate the tools put in front of you, and be a thorn in their side when they try to tell you that mediocrity is the future.
You are not stupid. You are not "missing anything.â These tools are not magic â they're fantastical versions of autocomplete that can't help but make the same mistakes they've learned from the petabytes of information they've stolen from others.
Dazu habe ich noch einen weiteren, sehr tollen Text von Erik Hoel gefunden:
"Since the internet economy runs on eyeballs and clicks the new ability of anyone, anywhere, to easily generate infinite low-quality content via AI is now remorselessly generating tragedy."
Deepfakes Will Break Democracy (Kyle Hiebert)
Hier geht es um die zunehmende Bedrohung, die Deepfakes und generative KI fĂŒr die politische IntegritĂ€t und den gesellschaftlichen Zusammenhalt darstellen. Anhand von Beispielen wie dem gefĂ€lschten Audioclip, der die PrĂ€sidentschaftskampagne des progressiven slowakischen FĂŒhrers Michal Ć imeÄka untergrub, und dem Einsatz von KI bei den argentinischen PrĂ€sidentschaftswahlen zur Verleumdung von Gegnern veranschaulicht Kyle Hiebert die neue Ăra von Deepfake-Kampagnen. Diese digitalen Manipulationen können politischen Extremismus, DysfunktionalitĂ€t und - was vielleicht am gefĂ€hrlichsten ist - eine weit verbreitete Apathie gegenĂŒber bĂŒrgerschaftlichem Engagement fördern. NĂ€mlich indem die Ăffentlichkeit von zunehmend allgegenwĂ€rtigen Fehlinformationen desillusioniert wird. Hiebert zitiert die Vorhersage der Technologieexpertin Nina Schick, dass bis zum Jahr 2025 ein GroĂteil der Online-Inhalte von KI generiert werden könnte (vgl. auch die hierzu passenden Artikel weiter oben), was auf eine Zukunft hindeutet, in der die Wahlzyklen stark von synthetischen Medien beeinflusst werden.
Die Fragmentierung der gemeinsamen RealitĂ€t, die durch personalisierte Online-Echokammern vorangetrieben wird, wird als zentrales Problem angesehen. Denn es untergrĂ€bt die GrundsĂ€tze unserer liberalen Demokratien. Diese Fragmentierung beschleunigt den RĂŒckgang des bĂŒrgerschaftlichen Engagements und des Sozialkapitals - Trends, die schon vor dem Aufkommen der KI besorgniserregend waren. Hiebert ist der Meinung, dass generative KI durch das Angebot von personalisiertem Eskapismus die Gefahr birgt, die soziale Isolation zu vertiefen und das GefĂŒge der Demokratie weiter zu untergraben. Er fordert ein neues Verantwortungsbewusstsein der BĂŒrgerinnen und BĂŒrger, um die reprĂ€sentative Demokratie angesichts dieser Herausforderungen zu erhalten.
Der Artikel ist ein deutlicher Aufruf zu mehr zivilgesellschaftlichem Engagement und Wachsamkeit, um den Aufstieg antidemokratischer KrĂ€fte zu bekĂ€mpfen und die IntegritĂ€t der demokratischen Institutionen zu schĂŒtzen.
The era of the deepfake campaign has already begun. And as generative AI gathers ubiquity and sophistication, the fraying of social cohesion throughout the West in recent years may soon feel quaint by comparison. [âŠ]
For them, the time, stress, and confusion involved in discerning fact from fiction wonât be worth itânot when generative AI programs will deliver instant, endless escapism on demand, whether fake or true. [âŠ]
Why put in the uncomfortable effort to develop empathy for others and understand new points of view when generative AI can instantly produce an array of options and digital sycophants to entertain you, keep you company, and tell you only what you want to hear?"
A new global gender divide is emerging (John Burn-Murdoch, Financial Times)
Dieser Artikel hier aus der Financial Times hat Ende Januar fĂŒr sehr viel Aufsehen gesorgt. Eines der bekanntesten Muster bei der Messung der öffentlichen Meinung ist es ja, dass jede Generation dazu neigt, sich in Bezug auf ihre Politik und allgemeine Ideologie als Einheit zu bewegen. Ihre Mitglieder machen die gleichen prĂ€genden Erfahrungen, erreichen die groĂen Meilensteine des Lebens zur gleichen Zeit und treffen sich in den gleichen RĂ€umen. Ist das heute auch noch so? Dieser Research hier legt nahe, dass in der Generation Z bei bestimmten Themen hyper-progressive Einstellungen herrschen, bei anderen aber ĂŒberraschend konservativ ist. Die Buchlinie? Das Geschlecht. WĂ€hrend bei jungen Frauen stabil progressive Einstellungen dominieren, scheinen sich junge MĂ€nner in einen konservativ-kulturellen Backlash zu begeben. Was bedeutet das fĂŒr unsere Gesellschaft?
In countries on every continent, an ideological gap has opened up between young men and women. Tens of millions of people who occupy the same cities, workplaces, classrooms and even homes no longer see eye-to-eye.
Germany also now shows a 30-point gap between increasingly conservative young men and progressive female contemporaries, and in the UK the gap is 25 points. In Poland last year, almost half of men aged 18-21 backed the hard-right Confederation party, compared to just a sixth of young women of the same age. [âŠ]
Seven years on from the initial #MeToo explosion, the gender divergence in attitudes has become self-sustaining. Survey data show that in many countries the ideological differences now extend beyond this issue. The clear progressive-vs-conservative divide on sexual harassment appears to have caused â or at least is part of â a broader realignment of young men and women into conservative and liberal camps respectively on other issues. In the US, UK and Germany, young women now take far more liberal positions on immigration and racial justice than young men, while older age groups remain evenly matched. The trend in most countries has been one of women shifting left while men stand still, but there are signs that young men are actively moving to the right in Germany, where todayâs under-30s are more opposed to immigration than their elders, and have shifted towards the far-right AfD in recent years. [âŠ]
Too often young peopleâs views are overlooked owing to their low rates of political participation, but this shift could leave ripples for generations to come, impacting far more than vote counts.
In Die Zeit gibt es ebenfalls eine sehr lesenswerte Reflexion hierzu: Keine Angst vor dem politischen Gendergap:
Die Zahlen wĂ€ren auch ein Beleg dafĂŒr, dass feministische Positionen und postpatriarchale Geschlechterkonzepte nicht nur die Anliegen einer kleinen, abgehobenen Gruppe sind, wĂ€hrend angeblich die groĂe Mehrheit in Geschlechterfragen "normal" bleibt. Diese Behauptung verbreiten RechtsautoritĂ€re beharrlich seit Jahren, und bedauerlicherweise teilen sie inzwischen auch viele Menschen aus dem konservativ-bĂŒrgerlichen Lager. Wenn diese mit platter Anti-Gender-Rhetorik auf Stimmenfang gehen, bedeutet das faktisch, dass sie ihr politisches Werben in erster Linie auf junge MĂ€nner ausrichten, wĂ€hrend sie die Anliegen junger Frauen ignorieren.
Und noch mehr, und wie immer sehr pointierte und kluge Gedanken hierzu gibt es auch in dieser Episode von Piratensender Powerplay. đ
Und noch mehr⊠Alice Hasters und Maximiliane Haecke nehmen sich dieses Themas in ihrem Podcast âFeuer & Brotâ an und ordnen hier auch ganz aktuelle Kritik an den Studienergebnissen ein, nach denen die zugrundeliegende Datenbasis nicht ausreichend ist, um so weitreichende Ableitungen zu treffen. Sehr hörenswert. đ
Score is a new dating app for people with good to excellent credit (Dominic-Madori Davis, Techcrunch)
Eine phantastische App-Idee ist das hier, oder? PĂŒnktlich zum Valentinstag wurde eine neue Dating-App gelauncht; aber die Sache hat einen Haken. Nutzende mĂŒssen mindestens einen US-KreditwĂŒrdigkeits-Score von 675 haben, um sie nutzen zu können. Die von der Finanzplattform Neon Money Club vorgestellte Dating-App Score richtet sich also ganz unverblĂŒmt nur an Menschen mit guter bis sehr guter BonitĂ€t. Sie soll dazu beitragen, das âBewusstsein fĂŒr die Bedeutung von Finanzen in Beziehungen zu schĂ€rfenâ.
âWe need to take the conversation to areas where finance isnât traditionally discussed,â Luke Bailey, co-founder and CEO of Neon Money Club, told TechCrunch, adding that traditional methods of raising financial awareness are outdated. âBefore you can educate people, you need to get their attention. With Score, weâre bringing the conversation to dating.â
Und ich weiĂ auch nicht mehr, was ich dazu sagen soll⊠đ€·ââïž
The Loss of Things I Took for Granted (Adam Kotsko)
Adam Kotsko, Mitglied des Lehrkörpers der Shimer Great Books School am North Central College in Chicago unterrichtet dort zahlreiche geistes- und sozialwissenschaftliche FĂ€cher. In diesem Text reflektiert er nach vielen Jahren LehrtĂ€tigkeit, dass die Studierenden nicht mehr in der Lage seien, effektiv zu lesen. Er leitet ein mit dem wirklich traurigen Thema von US-Republikanisch angetriebenen BĂŒcherverboten, welche in vielen Bundesstaaten in die Freiheit der Menschen eingreifen.
Defeating the open conspiracy to deprive students of physical access to books will do little to counteract the more diffuse confluence of forces that are depriving students of the skills needed to meaningfully engage with those books in the first place. As a college educator, I am confronted daily with the results of that conspiracy-without-conspirators. I have been teaching in small liberal arts colleges for over 15 years now, and in the past five years, itâs as though someone flipped a switch. For most of my career, I assigned around 30 pages of reading per class meeting as a baseline expectationâsometimes scaling up for purely expository readings or pulling back for more difficult texts. (No human being can read 30 pages of Hegel in one sitting, for example.) Now students are intimidated by anything over 10 pages and seem to walk away from readings of as little as 20 pages with no real understanding. Even smart and motivated students struggle to do more with written texts than extract decontextualized take-aways. Considerable class time is taken up simply establishing what happened in a story or the basic steps of an argumentâskills I used to be able to take for granted. [âŠ]
Hasnât every generation felt that the younger cohort is going to hell in a handbasket? Havenât professors always complained that educators at earlier levels are not adequately equipping their students? And havenât students from time immemorial skipped the readings? The response of my fellow academics, however, reassures me that Iâm not simply indulging in intergenerational grousing. Anecdotally, I have literally never met a professor who did not share my experience. [âŠ] If we ask what has caused this change, there are some obvious culprits. The first is the same thing that has taken away almost everyoneâs ability to focusâthe ubiquitous smartphone. [âŠ] I was able to develop and practice those skills of extended concentration and attentive reading before the intervention of the smartphone. For children who were raised with smartphones, by contrast, that foundation is missing. It is probably no coincidence that the iPhone itself, originally released in 2007, is approaching college age, meaning that professors are increasingly dealing with students who would have become addicted to the dopamine hit of the omnipresent screen long before they were introduced to the more subtle pleasures of the page. [âŠ]
I have to think that we can, at the very least, stop actively preventing young people from developing the ability to follow extended narratives and arguments in the classroom. Regardless of their profession or ultimate educational level, they will need those skills. The world is a complicated place. Peopleâtheir histories and identities, their institutions and work processes, their fears and desiresâare simply too complex to be captured in a worksheet with a paragraph and some reading comprehension questions. Large-scale prose writing is the best medium we have for capturing that complexity, and the education system should not be in the business of keeping students from learning how to engage effectively with it.
Was auf dem Spiel steht â Ăber den Untergang des Kulturjournalismus (Johannes Franzen)
Hier schreibt Johannes Franzen, Literaturwissenschaftler und Kulturjournalist, ein wenig grimmig und pessimistisch, aber zu Recht und auf den Punkt, was auf dem Spiel steht, wenn eine Gesellschaft sich den Luxus der Geistesarbeit nicht mehr leisten will. AufhĂ€nger ist die kĂŒrzlich erfolgte Einstellung des einflussreichen Musikmagazins âPitchforkâ. Aber es ist nicht wichtig, worum es konkret geht, ob es um ein Musikmagazin geht, oder um ein Buchbesprechungsmagazin. Denn es ist eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben, Kulturjournalismus zu haben und zu fördern. Es war selten so wichtig wie heute, produktiv darĂŒber nachzudenken, wie ein vitales intellektuelles Leben weiter möglich sein kann, auch wenn die klassischen Institutionen, wo dieses Leben bisher stattgefunden hat, immer mehr entfinanziert werden. Das Ansinnen seines Textes ist es, dazu zu mobilisieren, gemeinsam darĂŒber nachzudenken.
Es handelt sich [âŠ] um die RealitĂ€t einer Gesellschaft, die sich einredet, ein Medium wie Pitchfork nicht mehr zu brauchen. Der ganze Fall ist symptomatisch fĂŒr den Niedergang der Geistesarbeit, fĂŒr den Status des öffentlichen Nachdenkens ĂŒber Kunst und Kultur â ein Anlass, um darĂŒber nachzudenken, was verloren geht, wenn diese kulturelle Praxis zerstört wird. [âŠ]
Der Verlust geht aber [âŠ] die rein finanziellen Probleme hinaus. [âŠ] Schreiben ist eine TĂ€tigkeit, die man eigentlich nur in der konkreten Praxis wirklich lernen kann, am besten unter der Anleitung erfahrener Autor:innen, die ein Interesse daran haben, neue Talente zu entdecken und zu fördern. Je mehr Orte, an denen das stattfindet, zerstört werden, desto mehr verschwindet die Praxis des Kulturjournalismus aus dem öffentlichen Leben. Mit jedem Medium, das untergeht, mit jedem Format, das eingestampft wird, schwinden nicht nur die an sich schon knappen finanziellen Ressourcen, die das öffentliche Nachdenken ĂŒber Kunst und Kultur möglich machen. Es werden dadurch auch Schulen des Schreibens geschlossen â BildungsstĂ€tten der Ă€sthetischen Erziehung. [âŠ]
Die Digitalisierung war fĂŒr den Journalismus nicht deshalb eine Katastrophe, weil sie viel mehr Menschen ermöglichte, sich am öffentlichen Diskurs zu beteiligen, sondern vor allem deshalb, weil die Werbeeinnahmen, die das GeschĂ€ftsmodell der Presse finanzierte, im Verlauf von zwei Jahrzehnten verschwunden sind. Google und Facebook haben dieses Geld aufgesaugt und nichts fĂŒr die Medien ĂŒbrig gelassen, die einen groĂen Teil des âContentsâ liefern, der auf diesen Plattformen geteilt wird. Es handelt sich also â wie bei so gut wie jedem Problem der SpĂ€tmoderne â um eine Frage der Ressourcenverknappung. Als das mediale Monopol auf Aufmerksamkeit gebrochen wurde, kam es zu einer massiven Umverteilung, die die Presselandschaft verheert zurĂŒckgelassen hat. [âŠ]
Kulturjournalismus ist ein Luxus, den sich die Gesellschaft nicht mehr leisten möchte. Dahinter steht die meritokratische Ideologie, die im entfesselten Kapitalismus der Gegenwart einen quasi religiösen Status angenommen hat. Die Medien der Geistesarbeit haben es demnach nicht geschafft, in der ökonomischen Arena zu bestehen, und gehen deswegen zu Recht unter. Diese Perspektive verschleiert, dass es sich um konkrete Entscheidungen von Wirtschaftsunternehmen handelt, die einem gesellschaftlichen Trend folgen. [âŠ]
Der Niedergang des Schreibens ĂŒber Kunst und Kultur steht auch im Zeichen einer zeitpolitischen Ideologie, die jede Minute jedes Tages in ein ProduktivitĂ€tsdenken pressen möchte. Teresa BĂŒcker hat diesen Prozess vor kurzem in ihrem Buch Alle_Zeit. Eine Frage von Macht und Freiheit eindrĂŒcklich analysiert. Selbst im Konzept der âFreizeitâ â also der Zeit auĂerhalb der Erwerbszeit â lauert der Druck der Verknappung: âWir mĂŒssen auch unsere freie Zeit sorgsam einsetzen, um etwas zu erreichen, das als geteilter Wert gilt und bei anderen Menschen auf Zustimmung stöĂt.â In diesem Kontext findet auch das Verschwimmen von Arbeits- und Freizeit statt, das Arbeit als Berufung (âDo what you loveâ) und Freizeit als Ort der Selbstoptimierung versteht. [âŠ] Es ist ein trauriges Schauspiel, dass sich liberale Ăberflussgesellschaften dazu entscheiden, auf das ernsthafte öffentliche Nachdenken ĂŒber Kunst und Kultur zu verzichten. [âŠ] Mit jedem kulturjournalistischen Medium, das kaputt gemacht wird, verschwindet auch eine soziale Infrastruktur des Austauschs. Dieser Austausch ĂŒber Ă€sthetische Erfahrungen, von denen wir irritiert oder hingerissen sind, ist eine wichtige gesellschaftliche Institution und es wĂ€re jetzt der Moment, sich der Zerstörung dieser Institution entgegenzustellen.
Weitere Artikel und Snippets
Eine interessante Studie zu den âBack to Officeâ Initiativen, basierend auf den Untersuchungen in 137 US S&P500-Unternehmen in den Jahren 2020-2023. Drei zentrale Ergebnisse:
1) Back-to-Office-Mandate sind wahrscheinlicher in Unternehmen mit schlechten Aktienkursen in jĂŒngster Zeit und in solchen mit mĂ€chtigen mĂ€nnlichen CEOs.
2) Daten der Unternehmensbewertungs-Plattform Glassdoor zeigen, dass Return-to-Office-Mandate die Bewertungen der Mitarbeitenden in Bezug auf Arbeitszufriedenheit, Work-Life-Balance und Senior Management signifikant verringern.
3) Es gibt keine signifikanten Auswirkungen von Return-to-Office-Mandaten auf die RentabilitÀt oder die Aktienrendite von Unternehmen.
Meine Interpretation ist, dass Bestrebungen in Bezug auf âZurĂŒck ins BĂŒroâ oft eine Reaktion auf schlechte Unternehmensperformance in jĂŒngster Zeit sind, die vielleicht von CEOs beschlossen wurden, die unter Druck stehen. Vielleicht sind es auch nur patriarchale oder Alpha-Tier Reflexe. So oder so, das Feedback welches ich von vielen Menschen höre ist, dass diese Entscheidungen Mitarbeitende verĂ€rgern, und im Gegenzug auch keine Leistungs- oder ProduktivitĂ€tsvorteile bringen. Eher Gegenteilig. Ich selbst, als auch viele Menschen mit denen ich mich ĂŒber dieses Thema in letzter Zeit unterhalten habe, fĂŒhlen sich intellektuell beleidigt ob der Forderung des âUnlearningsâ der Erkenntnisse aus der Corona-Zeit.
Ryan Broderick (âGarbage Dayâ) - Clout World
Gedanken dazu, wie reif wir Menschen sind, aus dem Internet etwas vernĂŒnftiges, etwas reifes, wertvolles und unsere Gesellschaft bereicherndes zu machen:
I always imagined that the internet would mature and become more legitimate somehow over time. But, for the most part, the opposite has actually happened. Instead of finding new ways to power the internet besides âclout,â weâve decided to power everything on internet attention. At the start of the social web we assumed content would get better. Platforms would get better. We, ourselves, would get better. And I simply do not think digital media literacy can reverse where weâve found ourselves now.
Ed Smith - How Big Tech rewired Childhood
Though that is more an aside than a conclusion, Haidtâs book made me reflect on something else. Our digital lifestyle isnât only ugly on the inside; there is also scant attention to beauty on the outside. The worldâs brightest and best have effectively been bought by firms whose purpose is to perfect techniques that induce people to waste their lives hunched over a glass rectangle. They take life and turn it into lumpen data fodder. Some legacy. You could see Silicon Valley as finishing off the job well started by clueless town-planners. First, convert towns and cities into a giant ring-road, then feed their inhabitants Instagram in their bedrooms.
Mariana Lenharo - Decades-long bet on consciousness ends â and itâs philosopher 1, neuroscientist 0
A 25-year science wager has come to an end. In 1998, neuroscientist Christof Koch bet philosopher David Chalmers that the mechanism by which the brainâs neurons produce consciousness would be discovered by 2023. Both scientists agreed publicly on 23 June, at the annual meeting of the Association for the Scientific Study of Consciousness (ASSC) in New York City, that it is still an ongoing quest â and declared Chalmers the winner. What ultimately helped to settle the bet was a key study testing two leading hypotheses about the neural basis of consciousness, whose findings were unveiled at the conference.
Iker Seisdedos, David Marcial PĂ©rez, Carlos Rosillo, Guillermo Abril - Fentanyl: The Portrait of a Mass Murderer
Ein bedrĂŒckender, aber packender Bericht ĂŒber die gesamte Produktions- und Verteilungskette des Leids, welches durch die Droge Fentanyl ausgelöst wird. Absolut lesenswert, aber nichts fĂŒr sanfte GemĂŒter.
Behind those numbers are the lives that are on hold due to fentanyl. There are the Mexican farmers, who cook drugs in the mountains and do experiments with human guinea pigs. There are the traffickers who get rich, by sending truckloads of beans across the border. There are the mayors, who are threatened with death by the narcos. There are the Chinese businessmen and their precursor factories in Wuhan. And then, there are the dealers, the addicts, the volunteers and the mothers who have lost their children on the frontlines of the opiate war.
Figure, ein Robotik-Start-up, das vor weniger als zwei Jahren von ehemaligen Mitarbeitenden u. a. von Boston Dynamics, Tesla und Google DeepMind gegrĂŒndet wurde, hat seine erste Zusammenarbeit mit dem neuen Investor und Partner OpenAI vorgestellt. In einem vom Unternehmen veröffentlichten Video demonstriert der humanoide Roboter "Figure One" seine FĂ€higkeit, mit einer Person in seiner NĂ€he und seiner Umgebung zu interagieren. Beeindruckend⊠und scary:
Gute Podcasts
In dieser Ausgabe von "Das Politikteil" đ sprechen Ileana Grabitz und Peter Dausend mit dem Ăkonomen Marcel Fratzscher ĂŒber die Zukunft der Arbeit. Fratzscher vertritt die These, dass die aktuellen ArbeitskĂ€mpfe letztlich zu einer besseren Arbeitswelt mit flexiblerer Arbeitszeit und flexiblerem Renteneintrittsalter fĂŒhren werden. Vehement verteidigt er die viel gescholtene Generation Z (GeburtenjahrgĂ€nge von 1995 bis 2010) gegen VorwĂŒrfe, sie sei verwöhnt, egoistisch und arbeitsunwillig. Das ist wirklich sehr erfrischend - und fĂŒr mich ein Hoffnungsschimmer im Kontrast zu z.B. grimmigen und ressentimentgeladenen Einlassungen sines Boomer-Professors wie hier.
Sehr zu empfehlen ist diese Ausgabe der 3sat/SRF Sendung âSternstunde Philosophieâ, mit dem österreichischen Kabarettisten Joseph Hader. đ
Eine besonders wertvolle Passage habe ich hier rausgeschrieben. Ăber den Populismus, der um sich greift. Und den wir als Menschen nicht umfassend genug begreifen:
Ich beginne bei Jörg Haider. Der hat zum Beispiel in den 80er Jahren in Ăsterreich erklĂ€rt, dass die beiden GroĂparteien, damaligen GroĂparteien - das waren die Konservativen, die ĂVP und die Sozialdemokraten, die SPĂ - dass sie sich das Land aufteilen. Und dass es da viel Korruption gibt. Und damit hatte er recht, mit dieser Teilwahrheit. Und wenn wir zu Trump springen, der erklĂ€rt den Leuten das. Im Wesentlichen erklĂ€rt er ihnen, dass zurzeit der amerikanische Traum nicht funktioniert. Dieses groĂe Versprechen, dass man klein beginnen kann in Amerika und irgendwann zumindest theoretisch eine Chance hĂ€tte, aufzusteigen. Dieses groĂe Versprechen, das es bei uns ja auch gab nach dem Krieg. Alles wird ein bisschen besser. Die AufstiegserzĂ€hlung. Die Kinder werden es einmal besser haben. Es geht uns jedes Jahr ein bisschen besser. Diese ErzĂ€hlung, die funktioniert nicht. Und die funktioniert ja wirklich nicht. Hat ja niemand mehr eine Chance. In Wirklichkeit ist das alles so verfestigt. Und mit dieser sehr wichtigen Teilwahrheit macht das ein politisches GeschĂ€ft.
Am paradoxesten finde ich, ist, dass man sich nicht damit beschĂ€ftigt, wo er Recht hat und versucht, das zu reparieren. Sondern sich nur immer an der Figur aufhĂ€ngt. Und an dem, wie dumm seine WĂ€hler sind. Und an dem wie verlogen er selbst ist. So als wĂŒrden wir sehr gerne nicht anschauen wollen, was die Fehler im System gerade sind. NĂ€mlich, dass ein Verteilungskampf stattfindet zwischen Arm und Reich. Zwischen Nord und SĂŒd. Dass die Ressourcen knapp werden. Dass immer weniger da ist. Dass die etablierten Parteien irgendwas sich ĂŒberlegen mĂŒssen. Weil dieses groĂe Versprechen, dass es besser wird, haben sie nicht mehr. Und, offensiv mĂŒssten wir als BĂŒrger [âŠ] und die sogenannte etablierte Politik [âŠ] an das Ganze herangehen. Und unsere Demokratie lebendig halten und reparieren. Dass da immer weniger durchsickert nach unten. In Ăsterreich ist eine Diskussion ĂŒber Erbschaftssteuer. Wird nie durchgefĂŒhrt werden. Weil offenbar gibt es einen guten SchmĂ€h, dass man immer den Armen einredet: âIhr seid dann auch dranâ. Was ĂŒberhaupt nicht stimmt.
Also ich finde jetzt nicht jede linke Idee groĂartig. Aber dass man, dass man von dem, was man geerbt hat, ohne was dafĂŒr was geleistet zu haben, dass man da einen Teil wieder an die Gemeinschaft abgibt, erscheint mir so logisch. Also wir schauen nicht drauf. Wir schauen nicht drauf, wo die Fehler auch sind. Und dann kommen die Populisten, auch in Europa, und sagen: Ich mache das groĂe Versprechen. [âŠ] Erstens: Klima. Alles gelogen. Die Eliten kassieren ab. Das stimmt ja auch teilweise. Wenn du uns wĂ€hlst: wir reparieren das. Wir machen dir eine Welt die ist wie vor 30, 40 Jahren. So eine Welt versprechen wir. Nostalgie. Da war alles besser. Es war nichts besser damals. Die Hose hat noch nicht so gekniffen. Und man musste keine Bluthochdruck Medikamente nehmen. Das ist das Einzige, was besser war fĂŒr die Leute vor 30, 40 Jahren. Aber sie denken zurĂŒck mit einer Nostalgie und die versprechen das, ohne was lösen zu können.
Bei âPiratensender Powerplayâ hat Samira El Ouassil im Februar eine phantastische Abrechnung mit der âBezahlbare fĂŒr Migrant*innenâ im Angebot. So toll, und so wahr. đ
Hier die Mitschrift der entsprechenden Passage:
Zum Ausgeben, also Geld, das [jemand die/der geflĂŒchtet ist] dann ausgeben kann, stehen 204 ⏠pro Monat zur VerfĂŒgung. Es sind zwar insgesamt 460, die er bekommt vom Staat. Aber davon werden eben die Unterbringungskosten und die Mahlzeiten, die er dort bekommt, abgezogen. [âŠ] Und es bleiben 204 ⏠fĂŒr den sogenannten persönlichen Bedarf. Persönlicher Bedarf, das ist Handy aufladen. Das sind Dinge des tĂ€glichen Gebrauchs. Das sind Tickets fĂŒr den öffentlichen Nahverkehr. Und von diesen 204 âŹ, die ĂŒbrigens letztes Jahr 182 ⏠waren, bleiben, nachdem man diese Sachen bezahlt hat fĂŒr den tĂ€glichen Bedarf nicht wirklich Unsummen, die man als asylsuchende Person irgendwohin ĂŒberweisen könnte. Geschweige denn einen Familiennachzug damit finanzieren oder organisieren. [âŠ] Also ohne dass ich jetzt Migrationsforscherin bin, ohne dass ich in Mathematik besonders bewandert bin, ich kann mir das einfach ganz gut runterrechnen, dass das nicht geht. Also was ĂŒberweisen dann? 10 ⏠pro Monat fĂŒr den Nachzug? Wie soll das gehen?
Deswegen dieser âMindfuckâ. Ich weiĂ auch nicht, was kurioser ist fĂŒr mich. Die Begeisterung ĂŒber die autoritĂ€re Migrationsabschreckung, mit der hier ganz selbstzufrieden operiert wird. So nach dem Motto âWir Genies haben jetzt ihr Taschengeld so gut unter Kontrolle gebracht, dass nun keine unerwĂŒnschten Frauen und Kinder nachkommen können. Alle Probleme gelöst.â Oder aber der Umstand, dass diese Begeisterung auch noch jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt. Ich meine, es ist fĂŒr mich kafkaesk, dass literally bundesweit ein eigenes neues Bezahlsystem eingefĂŒhrt wird, um eine ĂŒberschaubare Gruppe von Menschen effizienter bevormunden und kontrollieren zu können. Und das Ganze auch noch ohne eine empirische Grundlage ĂŒber die Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit dieses gesamten neuen Systems. Das ist Symbolpolitik und Pseudosozialismus at its best. Und wenn ich mir noch anschaue, wie schnell diese [neue Bezahl-]Karte seit dem Beschluss im November umgesetzt wird und wurde. WĂ€hrend wir jetzt alle voraussichtlich bis 2026 oder -27 warten mĂŒssen, damit wir Klimageld ausbezahlt bekommen können. Zitat Regierung: âEs ist irgendwie zu kompliziert.â Aber wie langwierig es war, bis Studierende eine Einmalzahlung bekommen haben zur UnterstĂŒtzung, auch zur EnergieunterstĂŒtzung, dann frage ich mich, warum die Regierung so viel effektiver ist im GĂ€ngeln als im gerecht sein.
Hier ist noch ein guter Beitrag zum zugehörigen, passenden deutschen Mindset:
Goodies zum Schluss
Tolle Analogie zum Thema Trainingsdaten fĂŒr GenAI:
Wie glĂŒcklich uns unsere Smartphones machen:
Was ist eigentlich diese Leit(d)kultur?
Was dĂŒrfen (Bauern-)Proteste?
Wie besorgt muss man sein?
War warâs eigentlich in Davos dieses Jahr? Ist die Welt schon ein bisschen besser geworden danach?
(Wert-)Schöpfungskette zum Nachdenken:
Was ich mit âTech Dudesâ meine? đ Jeder soll mit Technologie machen, wer er/sie will⊠aber das hier ist ein gutes Beispiel dafĂŒr, was StörgefĂŒhle in mir auslöst. Ich habe fĂŒr mich definitiv entschieden, dass vor allem im Umfeld meiner Familie und meiner Kinder fĂŒr mich gilt: BE HERE NOW. Gerade die Momente, mit meinen schlafenden Baby-Kindern auf meiner Brust gehören zu den schönsten Erinnerungen meines Lebens. Wie froh bin ich, dass ich nicht wĂ€hrenddessen Avatar in einer Augmented Reality Welt geschaut habe.
Digitalisierung in der Gastronomie:
Neues vom deutschen Digitalisierungs-Dödel zum Schluss:
Das war es fĂŒr dieses Mal. Habt ein schönes Wochenende. Und einen guten Start in die neue Woche! Bis zum nĂ€chsten Mal!